Inhaltsverzeichnis
- Was versteht man unter Arbeitsmedizinische Vorsorge?
- Ist arbeitsmedizinische Vorsorge Pflicht?
- Wie oft muss arbeitsmedizinische Vorsorge angeboten werden?
- Wer darf arbeitsmedizinische Vorsorge durchführen?
- Arbeitsmedizinische Vorsorge: Dokumentation
- Checkliste: Arbeitsmedizinische Vorsorge
Was versteht man unter Arbeitsmedizinische Vorsorge?
Arbeitsmedizinische Vorsorge ist ein Schutzkonzept im betrieblichen Arbeitsschutz. Sie umfasst sämtliche Maßnahmen und Untersuchungen, die die Gesundheit der Beschäftigten im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit erhalten, fördern und verbessern sollen. Ziel der arbeitsmedizinischen Vorsorge ist es, arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren (z. B. Berufskrankheiten) früher zu erkennen und gezielt vorzubeugen. Das soll für eine möglichst lange Beschäftigungsfähigkeit sorgen.
Laut Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) wird die arbeitsmedizinische Vorsorge in folgende Arten unterteilt:
Art der arbeitsmedizinischen Vorsorge | Bedeutung |
Pflichtvorsorge | Arbeitsmedizinische Vorsorge, die der Arbeitgeber bei bestimmten besonders gefährdenden Tätigkeiten veranlassen muss. Ohne erfolgreiche Pflichtvorsorge darf die Tätigkeit nicht durchgeführt werden. |
Angebotsvorsorge | Vorsorge, die der Arbeitgeber bei bestimmten gefährdenden Tätigkeiten anbieten muss. |
Vorsorge, die der Arbeitgeber bei Tätigkeiten, bei denen ein Gesundheitsschaden nicht ausgeschlossen werden kann, auf Wunsch der Beschäftigten ermöglichen muss. |
Hinweis: Neben der arbeitsmedizinischen Vorsorge gibt es noch spezielle Eignungsuntersuchungen für bestimmte Berufsgruppen oder Tätigkeiten, die jedoch nicht zur arbeitsmedizinischen Vorsorge gehören. Denn hier wird nicht untersucht, ob arbeitsbedingte Gesundheitsrisiken für einzelne Beschäftigte bestehen, sondern ob die untersuchte Person die gesundheitlichen Anforderungen für eine Tätigkeit erfüllt oder eine Gefahr für Dritte darstellt.
Idealerweise wirkt die arbeitsmedizinische Vorsorge als ein Paket aus verschiedenen Methoden: Beratung, Aufklärung, Information und Untersuchung. Sie ergänzen die bereits vorhandenen technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers.
Was beinhaltet arbeitsmedizinische Vorsorge?
Eine ganzheitliche arbeitsmedizinische Vorsorge umfasst insbesondere Vorsorgeuntersuchungen, Präventionsmaßnahmen, Beratungsgespräche und Impfungen. Inwieweit sich diese Angebote voneinander unterscheiden, zeigt die folgende Übersicht:
Angebot der arbeitsmedizinischen Vorsorge | Bedeutung |
Gesundheitsuntersuchungen |
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Präventionsmaßnahmen |
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Beratungsgespräche |
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Impfungen |
|
Doch wo ist die arbeitsmedizinische Vorsorge geregelt und ist sie verpflichtend?
Ist arbeitsmedizinische Vorsorge Pflicht?
Arbeitgeber sind nach § 3 Abs. 1 ArbMedVV dazu verpflichtet, auf Basis der Gefährdungsbeurteilung für eine angemessene arbeitsmedizinische Vorsorge zu sorgen. Diese muss den Beschäftigten regelmäßig, aktiv und schriftlich innerhalb bestimmter Fristen angeboten werden.
Art der arbeitsmedizinischen Vorsorge | Pflicht für Arbeitgeber? | Pflicht für Arbeitnehmer? |
Pflichtvorsorge | Ja, Pflicht zur Veranlassung | Ja, Pflicht zur Teilnahme |
Angebotsvorsorge | Ja, Pflicht zum Angebot | Nein, keine verpflichtende Teilnahme |
Wunschvorsorge | Ja, Pflicht zur Gewährung | Nein, aber Recht auf Wunschvorsorge |
Die Pflicht zur arbeitsmedizinischen Vorsorge hängt von der jeweiligen Tätigkeit der Angestellten ab. Bei welchen Tätigkeiten eine Form der Pflicht- oder Angebotsvorsorge notwendig ist, regelt die ArbMedVV in Anhang Teil 1 bis 4. Die darin definierten Vorsorgeanlässe listen auf, welche Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, biologischen Stoffen, physikalischen Einwirkungen oder sonstigen Gefährdungen eine Pflicht- oder Angebotsvorsorge fordern. Bei Tätigkeiten mit mehreren Vorsorgeanlässen muss der Arbeitgeber die jeweils kürzeste Frist für das nächste Angebot zur arbeitsmedizinischen Vorsorge einhalten.
Kommt der Arbeitgeber seiner Pflicht zur Angebots- oder Pflichtvorsorge nicht nach, begeht er eine Ordnungswidrigkeit. Dann sind u. U. Bußgelder oder Strafverfahren möglich.
Wie oft muss arbeitsmedizinische Vorsorge angeboten werden?
Laut ArbMedVV muss der Arbeitgeber die Pflicht- und Angebotsvorsorge vor erstmaliger Aufnahme der Tätigkeit und anschließend regelmäßig durchführen lassen bzw. anbieten. Auch die Wunschvorsorge muss in wiederkehrenden Abständen ermöglicht werden, wenn die Untersuchung der Arbeitsbedingungen und der getroffenen Schutzmaßnahmen ergibt, dass ggf. mit einem Gesundheitsschaden zu rechnen ist.
Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) nennt folgende Fristen für die arbeitsmedizinische Vorsorge:
Anlass | Frist |
Erstmalige arbeitsmedizinische Vorsorge | Vor Tätigkeitsbeginn |
Zweite Vorsorge* | 12 Monate nach der ersten Vorsorge |
Jede weitere wiederholte Vorsorge | 36 Monate nach der vorherigen Vorsorge |
*Ausnahme: Bei Tätigkeiten mit Exposition gegenüber atemwegs- oder hautsensibilisierenden Gefahrstoffen sowie bei sensibilisierend oder toxisch wirkenden Arbeitsstoffen und bei Feuchtarbeit muss die zweite arbeitsmedizinische Vorsorge spätestens nach 6 Monaten erfolgen.
Wer darf arbeitsmedizinische Vorsorge durchführen?
Für die arbeitsmedizinische Vorsorge ist insbesondere der Betriebsarzt bzw. die Betriebsärztin zuständig, also eine Person mit arbeitsmedizinischer Facharztausbildung. Sie unterstützt den Arbeitgeber bei der Durchführung von Maßnahmen zur Erhaltung und Förderung der Mitarbeitergesundheit. So sind Betriebsärztinnen und Betriebsärzte u. a. (nach vorheriger Aufforderung durch den Arbeitgeber) an der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung beteiligt. Außerdem führen sie neben arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen auch Betriebsbegehungen durch.
Insgesamt arbeiten Betriebsärztinnen und Betriebsärzte eng mit der Unternehmensleitung sowie den Fachkräften für Betriebliches Gesundheitsmanagement und den Fachkräften für Arbeitssicherheit (Sifa) zusammen. Sie sind Ansprechpersonen bei sämtlichen Fragen rund um die Gesundheit am Arbeitsplatz und somit ebenfalls bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge.
Arbeitsmedizinische Vorsorge: Dokumentation
Laut § 3 Abs. 4 ArbMedVV muss der Arbeitgeber eine arbeitsmedizinische Vorsorgekartei führen. Darin muss er sämtliche Bestätigungen, Zeitpunkte und Anlässe der durchgeführten arbeitsmedizinischen Vorsorge dokumentieren. Die in der arbeitsmedizinischen Vorsorgekartei enthaltenen Daten sind grundsätzlich bis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses aufzubewahren und danach zu löschen. Endet das Beschäftigungsverhältnis, hat der Arbeitgeber der betroffenen Person eine Kopie der sie betreffenden Angaben auszuhändigen.
Für die Kartei werden spezielle Bescheinigungen des Betriebsarztes bzw. der Betriebsärztin genutzt. Sie müssen bei jeder Pflicht-, Angebots- und Wunschvorsorge ausgestellt werden und beschreiben den Anlass und Zeitpunkt des Vorsorgetermins. Hinzu kommt eine fachliche Einschätzung des Arztes bzw. der Ärztin, wann die nächste arbeitsmedizinische Vorsorge erforderlich ist.
Checkliste: Arbeitsmedizinische Vorsorge
Damit die Verantwortlichen bei der Vorbereitung und Dokumentation der arbeitsmedizinischen Vorsorge keine wichtigen Aspekte vergessen, kann die folgende Checkliste helfen.
Arbeitsmedizinische Vorsorge: Checkliste für Arbeitgeber | |
❏ | Mithilfe der Gefährdungsbeurteilung bestimmen, für welche Beschäftigten Angebote der arbeitsmedizinische Vorsorge nötig sind (Pflicht- und Angebotsvorsorge). |
❏ | Betriebsarzt bzw. Betriebsärztin mit arbeitsmedizinischer Vorsorge beauftragen und erforderliche Informationen bereitstellen. |
❏ | Auflagen von Betriebsarzt bzw. Betriebsärztin zur (Weiter-)Beschäftigung einzelner Angestellter strikt beachten. |
❏ | Belegschaft über Zweck der arbeitsmedizinischen Vorsorge, innerbetriebliche Organisation der Termine und Datenschutz aufklären. |
❏ | Auf die durchzuführende Vorsorge in der Betriebsanweisung hinweisen. |
❏ | Vorsorgekarteien zur Dokumentation der arbeitsmedizinischen Vorsorge führen. |
❏ | (Wiederholungs-)Termine für arbeitsmedizinische Vorsorge überwachen und einhalten. |
❏ | Stets beachten, dass arbeitsmedizinische Vorsorge kein Ersatz für technische und organisatorische Schutzmaßnahmen darstellt. |
Darüber hinaus sollte der Arbeitgeber ein Meldewesen für Wege- und Arbeitsunfälle sowie Berufskrankheiten einrichten und seine Beschäftigten darin unterweisen. Nicht zuletzt beeinflusst auch die Einhaltung geltender Beschäftigungsverbote oder -beschränkungen, etwa für Schwangere und Jugendliche, die Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge im Betrieb.
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Quellen: Die neue Arbeitsschutzmappe, Handbuch Gebäudereinigung, Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV), Universität Konstanz