Betriebsbegehung: Checkliste, Muster für Protokoll und gesetzliche Vorgaben
16.05.2024 | T. Reddel – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH
Unabhängig von der Betriebsgröße und Mitarbeiterzahl ist jeder Unternehmer zur Durchführung von Betriebsbegehungen verpflichtet. Dabei können Arbeitgeber durch Betriebsbegehungen nicht nur die Arbeitsschutzbedingungen im Unternehmen verbessern, sondern auch die Motivation der Mitarbeiter steigern. Worauf ist bei der Durchführung zu achten und welche gesetzlichen Grundlagen müssen die Teilnehmer beachten?
Inhaltsverzeichnis
- Definition: Was ist eine Betriebsbegehung?
- Wer nimmt an einer Betriebsbegehung teil?
- Wie oft müssen Betriebsbegehungen durchgeführt werden?
- Gesetzliche Grundlagen
- Checkliste zum Ablauf: Was wird bei einer Begehung gemacht?
- Protokoll: Muster für die Betriebsbegehung
- Tipps für die Betriebsbegehung
Definition: Was ist eine Betriebsbegehung?
Eine Betriebsbegehung ist eine organisatorische Maßnahme, bei der der Arbeitgeber prüft, wie der derzeitige Arbeits- und Gesundheitsschutz im Betrieb umgesetzt ist. Regelmäßig durchgeführte Begehungen bieten den Vorteil, dass sich der Arbeitgeber selbst davon überzeugen kann, dass akute Mängel oder Defizite beseitigt wurden. Hierfür muss der Arbeitgeber jedoch über entsprechende Fachkenntnisse verfügen, um Mängel erkennen und beurteilen zu können. So leistet die Betriebsbegehung einen wichtigen Beitrag zum Arbeitsschutz im Betrieb.
Daneben ist die Motivation der Mitarbeiter ein weiterer wichtiger Aspekt, den es nicht zu vernachlässigen gilt. Sehen die Beschäftigten, welchen Stellenwert der Arbeits- und Gesundheitsschutz im Betrieb hat, werden sie diesem Thema ebenfalls mehr Beachtung schenken. Zudem liefert die Begehung wichtige Hinweise für die betriebliche Gefährdungsbeurteilung, zu dessen Führung der Arbeitgeber verpflichtet ist.
Nicht zu verwechseln ist die Betriebsbegehung mit der Betriebskontrolle. Dort untersucht nicht der Arbeitgeber die interne Arbeitssicherheit seines Unternehmens, sondern eine Berufsgenossenschaft oder Gewerbeaufsicht. Näheres hierzu bietet der Beitrag „Keine Angst vor der Betriebskontrolle: So bereiten Sie sich optimal vor“.
Ebenfalls namentlich zum Verwechseln ähnlich ist die Betriebsprüfung bzw. Außenprüfung. Diese hat jedoch nichts mit dem Arbeitsschutz zu tun, sondern betrifft das Steuerrecht eines Unternehmens. Hier prüft das zuständige Finanzamt alle steuerlich relevanten Sachverhalte eines Betriebs.
Wer nimmt an einer Betriebsbegehung teil?
Betriebsbegehungen sind eine betriebsinterne Arbeitsschutzmaßnahme, d. h. diese werden ausschließlich von Angehörigen des eigenen Betriebs durchgeführt. In jedem Fall müssen folgende Personen daran teilnehmen:
- Arbeitgeber oder Führungskraft der jeweils besichtigten Abteilung
- Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sifa)
- Betriebsarzt
- Vertreter des Personal- oder Betriebsrats
- mindestens ein Sicherheitsbeauftragter
- weitere Personen, falls erforderlich (z. B. Brandschutzbeauftragte, Gefahrstoffbeauftragte, Elektrofachkräfte)
Die Gesamtverantwortung für den Gesundheitsschutz der Beschäftigten trägt am Ende dennoch der Arbeitgeber. Er ist dafür verantwortlich, dass der Betriebsarzt und die Sifa ihre Aufgaben erfüllen, wozu auch die Betriebsbegehung gehört.
Wie oft müssen Betriebsbegehungen durchgeführt werden?
Betriebsbegehungen sind von den Unternehmen regelmäßig durchzuführen. Wie oft genau diese notwendig sind, gibt der Gesetzgeber nicht genau vor. Daher richtet sich der zeitliche Abstand der Begehungen v. a. nach der Größe und dem Gefährdungsgrad eines Betriebs. So erfordert z. B. ein Labor, in dem 50 Gefahrstoffspezialisten arbeiten, regelmäßigere Begehungen als ein kleinerer Bürokomplex mit 15 Mitarbeitern.
Gesetzliche Grundlagen
Die Pflichten bezüglich der Durchführung von Betriebsbegehungen werden für die jeweiligen Parteien in unterschiedlichen Gesetzen geregelt. Zu den wichtigsten Rechtsschriften gehören:
Betroffene | Gesetz | Inhalt |
Unternehmer | Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) |
|
Unternehmer | Sozialgesetzbuch VII (SGB VII) |
|
Betriebsrat, Unternehmer | Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) |
|
Betriebsarzt, Sifa | Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) |
|
Doch nicht nur Gesetze bestimmten den Ablauf, Turnus und die Teilnehmer einer Betriebsbegehung.
Anforderungen der Technischen Regeln für Arbeitsstätten
Produktempfehlung
Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) konkretisieren die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). Sie geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse für das Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten wieder, weshalb ihre Inhalte dementsprechend essentieller Bestandteil jeder Betriebsbegehung sein sollten. Einen Überblick über die wichtigsten ASR bietet das Praxishandbuch „Die neue Arbeitsstättenverordnung“.
Checkliste zum Ablauf: Was wird bei einer Begehung gemacht?
Fertige Checklisten und Übersichten können die Vorbereitung der nächsten Betriebsbegehung erleichtern. Daher finden Arbeitgeber und andere Verantwortliche im Folgenden einige nützliche Unterlagen.
Betriebsbegehung: Checkliste
Diese Checkliste soll bei der Vorbereitung und Durchführung der Betriebsbegehung helfen. Sie zeigt wichtige Schritte zur Vorbereitung und welche Aspekte im Ablauf der Untersuchung behandelt werden sollten.
Vorbereitung | |
✓ | Festen Zeitrahmen für jeden Arbeitsbereich festlegen, der in der Betriebsbegehung untersucht werden soll. |
✓ | Einladungen mit Zeitplanung an die betroffenen Teilnehmer versenden, Bestätigung anfordern. |
✓ | Notwendiges Equipment Geräte zur Messung von Arbeitsplatzgrenzwerten kalibrieren und eichen. |
✓ | Schreibblock und Stift oder Tablet zur Dokumentation vorbereiten. → Ggf. fertige Protokollvorlagen nutzen. |
✓ | Vergangene Arbeitsunfälle analysieren und ggf. Unfalluntersuchung einleiten. |
Ablauf der Betriebsbegehung | |
✓ | Alle Arbeitsmittel prüfen und ggf. Schutzmaßnahmen festlegen. → §§ 8, 9 Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) |
✓ | Untersuchen, ob die umsetzen Maßnahmen ausreichend wirksam sind. → § 5 BetrSichV |
✓ | Prüfen, ob das STOP-Prinzip eingehalten wird (Reihenfolge umzusetzender Schutzmaßnahmen): |
S – Substitution (ersetzen) T – Technische Maßnahmen O – Organisatorische Maßnahmen P – Persönliche Maßnahmen |
|
✓ | Ermitteln, ob die Arbeitsmittel regelmäßig geprüft werden müssen und ob diese Prüfungen erfolgt sind. |
✓ | Angaben in der Betriebsanweisung analysieren, etwa hinsichtlich Aktualität, Zugänglichkeit für Beschäftigte und Unterweisung der Mitarbeiter. |
✓ | Verwendungszweck mit der Eignung der Arbeitsmittel für die jeweiligen Arbeitsaufgaben vergleichen. |
✓ | Auswirkungen der Arbeitsmittel auf die Arbeitsumgebung prüfen (z. B. hinsichtlich Lärm, Geruch oder Zugluft). |
✓ | Ermitteln, ob es besonders schutzbedürftige Personengruppen im Betrieb gibt, für die der Arbeitgeber besondere Anforderungen erfüllen muss (z. B. werdende Mütter, Personen mit körperlichen Einschränkungen) |
✓ | Verbesserungsvorschläge der Beschäftigten bzgl. Verbesserung der Arbeitssicherheit aufnehmen. → Ggf. Arbeitsplätze anpassen oder umgestalten. |
Produktempfehlung
Für die praktische Durchführung der Betriebsbegehung ist eine entsprechende Dokumentation unerlässlich. Hilfreiche Vorlagen enthält die „Digitale Vorlagensammlung Betriebssicherheitspraxis“.
Dokumentation und Protokoll der Begehung
Hierzu gehören unter anderem die Erstellung eines ausführlichen Mängelprotokolls und eine Liste mit Möglichkeiten, um die gefundenen Mängel zu beseitigen sowie die dazugehörigen Umsetzungsfristen. Die Dokumente müssen zudem archiviert werden, denn diese können als Informationsquelle für Gewerbeaufsicht, Unfallversicherung oder die Technische Aufsichtsperson dienen. Zuständig für die Dokumentation ist in den meisten Fällen die Fachkraft für Arbeitssicherheit.
Protokoll: Muster für die Betriebsbegehung
Prüfprotokoll zur Betriebsbegehung und Arbeitsplatzinspektion |
Firma/Einrichtung und Stempel |
Firma/Abteilung: |
Firma/Abteilung: | |
Name des Prüfers: | |
Ort/Datum/Uhrzeit: | |
Teilnehmer: |
Protokoll | |||
Nr. | Prüfpunkte | Mangel/Ursache/Ort | Umsetzungsfrist für Maßnahmen |
1. | |||
2. | |||
3. | |||
4. | |||
5. | |||
6. | |||
7. | |||
8. |
Tipps für die Betriebsbegehung
Diese Tipps sollen Arbeitgeber und andere Verantwortliche bei der Durchführung der Betriebsbegehung unterstützen.
1. Arbeitnehmer einbeziehen
Für die Begehung ist es von Vorteil, die Arbeitnehmer mit einzubeziehen. Diese wissen durch ihren Arbeitsalltag oft am meisten über Gefährdungen an ihrem Arbeitsplatz. Dadurch lässt sich nicht nur der Arbeitsschutz effektiv erhöhen, sondern auch die Motivation der Arbeitnehmer, da ihre Meinung gefragt ist. Außerdem vermittelt der Arbeitgeber ihnen das Gefühl, dass ihm die Sicherheit der Beschäftigten wichtig ist.
2. Begehung nicht zu lange abhalten
Da die Konzentration jedes Menschen mit der Zeit nachlässt, sollten die Betriebsbegehungen nicht zu lange durchgeführt werden. So erkennen die Teilnehmer u. U. bestimmte Gefährdungen oder Arbeitsbedingungen nicht mehr. Daher wird ein Zeitrahmen von maximal zwei Stunden pro Begehung Empfohlen. Notfalls sollten Unternehmen mehrere Begehungen abhalten.
3. Wichtige Daten vorab zusammentragen
Arbeitgeber sollten die wichtigsten Daten für die Begehung bereits vorab zusammenzustellen und bei der Untersuchung mitnehmen. Dazu gehören z. B Grenz- und Richtwerte sowie gesetzliche Vorgaben. Eine Übersicht über die wichtigsten rechtlichen Anforderungen bietet das „Sicherheitshandbuch Arbeitsschutz“. Damit lassen sich Arbeitsschutzmaßnahmen rechtssicher erstellen und dokumentieren. Praktische Vorlagen zur rechtssicheren Abwicklung der Betriebsbegehung bietet das Portal „Digitale Vorlagensammlung Betriebssicherheitspraxis“. Mit den einsatzfertigen Arbeitshilfen erfüllen Unternehmen die gesetzlichen Vorgaben und Dokumentationspflichten zur Gefährdungsbeurteilung, Arbeitsmittelprüfung und Unterweisung.
Quelle: „Sicherheitshandbuch Arbeitsschutz“