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"Evakuierungsübung: Was ist zu beachten? – Pflicht, Ablauf und gesetzliche Vorschriften"


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Evakuierungsübung: Was ist zu beachten? – Pflicht, Ablauf und gesetzliche Vorschriften

© DBA – stock.adobe.com

Um für den Ernstfall vorbereitet zu sollten, müssen Betriebe regelmäßig Evakuierungsübungen durchführen. Allerdings kann hierbei einiges schieflaufen, etwa bei der Planung, aber auch bei der Umsetzung oder späteren Evaluation. Dabei geben bereits einige Vorschriften und Regelwerke vor, worauf Arbeitgeber achten müssen, um eine Evakuierungsübung erfolgreich umzusetzen. Sie beantworten u. a. Fragen zur Häufigkeit der Übungen, wer zur Durchführung verpflichtet ist und welche Gesetze zu beachten sind.

Inhaltsverzeichnis

  1. Ist eine Evakuierungsübung Pflicht?
  2. Wie oft muss eine Evakuierungsübung durchgeführt werden?
  3. Ablauf: Wie wird eine Evakuierungsübung durchgeführt?
  4. Welche Gesetze und Vorschriften sind zu beachten?

Ist eine Evakuierungsübung Pflicht?

Ja, laut Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet Evakuierungsübungen bzw. Übungen zur Gebäuderäumung durchzuführen. Die Verordnung verweist hierbei auf den betrieblichen Flucht- und Rettungsplan (§ 4 Abs. 4 ArbStättV). Er gilt als Grundlage zur Planung und Durchführung der Übung.

Weiter fordert Abs. 11 (1) der Arbeitsstättenregel (ASR) A2.3, dass der Arbeitgeber die Beschäftigten in verständlicher Form darüber informieren muss, welches Verhalten im Gefahrenfall angebracht ist. Möglich ist das durch eine regelmäßige Begehung der Fluchtwege sowie entsprechende Evakuierungsübungen – insbesondere, wenn es einen Flucht- und Rettungsplan im Gebäude gibt. Auch die ASR besagt, dass der Plan grundlegend ist für die Räumungsübung.

Hinzukommen gebäudespezifische Vorgaben und baurechtliche Vorschriften. Demnach muss die Übung überall dort durchgeführt werden, wo es aufgrund der Art des Gebäudes (Größe, bauliche Besonderheiten etc.) oder Art der Nutzung notwendig ist.

Typische Bauwerke, die hierunter fallen, sind u. a.:

  • Hochhäuser (→ Problematik Aufzüge)
  • Kitas und Schulen
  • Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen
  • Verschachtelte Gebäude
  • Unterirdische Bereiche
  • Große Versammlungsstätten oder Industriebetriebe

Wie oft muss eine Evakuierungsübung durchgeführt werden?

Die ArbStättV fordert eine Evakuierungsübung in „angemessenen Zeitabständen“. Konkreter beschreibt die ASR A2.3, dass die Übung idealerweise mindestens einmal jährlich durchgeführt werden soll. Allerdings kommt es immer auf den einzelnen Betrieb an, wie oft eine solche Übung sinnvoll ist. Während in Bürokomplexen ggf. ein seltener Rhythmus ausreicht, erfordern Arbeitsstätten mit erhöhtem Brandrisiko oder Arbeiten in explosionsgefährdeten Bereichen (Ex-Bereichen) häufiger eine Evakuierungsübung. Dieser Umstand macht deutlich, dass die Anzahl an Personen im Gebäude hier weniger ausschlaggebend ist.

Neben der ASR schreiben andere Rechtsvorschriften vor, wie oft eine Evakuierungsübung stattzufinden hat. Nennenswert sind hier z. B. das Bauordnungs-, Gefahrstoff- und das Immissionsschutzrecht.

Außerdem gilt grundsätzlich: Je öfter die Beschäftigten den Ernstfall proben, desto höher stehen die Chancen, dass die Evakuierung im tatsächlichen Notfall reibungslos funktioniert. Daher sollten sich Arbeitgeber an die Vorgabe halten, wenigstens einmal im Jahr eine Evakuierungsübung im Betrieb durchzuführen.

Doch nicht nur der grobe zeitliche Abstand, wie oft eine Evakuierungsübung abgehalten werden soll, ist wichtig. Arbeitgeber sollten auch darauf achten, welchen Tag sie für die Übung auswählen. So ist es wichtig, dass ein Großteil der Mitarbeitenden anwesend ist, was besonders in Zeiten von Homeoffice und Telearbeit gar nicht so leicht ist. Ebenfalls zu berücksichtigen sind Brückentage oder Schulferien, da hier erfahrungsgemäß ebenfalls weniger Beschäftige im Betrieb arbeiten. Hinzukommen Feier- oder Trauertage für eine Religion oder Personengruppe. Wenigstens für die Übung sollte der Arbeitgeber darauf achten, solche Tage zu meiden und lieber auf reguläre Werktage zurückzugreifen.

Hinweis: Im Rahmen seiner Gefährdungsbeurteilung muss der Arbeitgeber genau festlegen, wie häufig und umfangreich er Räumungsübungen durchführt.

Ablauf: Wie wird eine Evakuierungsübung durchgeführt?

Wie bei jedem Arbeitsschutz-Thema kann bei der Evakuierungsübung einiges schiefgehen. Daher sollte sich der Arbeitgeber bereits bei der Planung ausführlich mit den notwendigen Vorkehrungen befassen, die für eine erfolgreiche Räumungsübung wichtig sind.

Vorbereitung und Umsetzung der Übung

Für die Organisation der Evakuierungsübung ist häufig der Brandschutzbeauftragte zuständig. Die DGUV Information 205-003 geht sogar so weit, dass der Brandschutzbeauftragte die Übung plant, organisiert und durchführt, sobald ihm diese Aufgabe vom Arbeitgeber übertragen wurde. In jedem Fall sollte dieser im ersten Schritt zusammen mit der Fachkraft für Arbeitsschutz und dem Arbeitgeber einen günstigen Termin für die Übung bestimmen. In diesem Zuge sollten die drei Verantwortlichen idealerweise das gesamte Vorgehen von der Vorbereitung bis zur Auswertung besprechen.

Zur Vorbereitung der Übung sollten insbesondere diese Punkte beachtet werden:

  • Zuständige Helfer über die geplante Übung informieren, damit sie am Übungstag bei der Ausführung unterstützen können.
  • Schulung der an der Räumung Beteiligten: alle in der Belegschaft müssen wissen, dass es Pflicht ist, sich über das richtige Verhalten zu informieren und dieses dann auch anzuwenden
  • Mögliche Probleme, die die Übung behindern könnten, vorab erkennen und lösen, z. B. versperrte Türen.
  • Bereiche berücksichtigen, die den Fluchtalarm eventuell überhaupt nicht mitbekommen, z. B. Toiletten oder Kellerräume.
  • Falls es mehrere Gebäude gibt: Gebäudeweise vorgehen und nicht alle Räumlichkeiten gleichzeitig räumen.
  • Passende Sammelplätze bestimmen (Gefahr durch Kälte oder den Straßenverkehr beachten).
  • Es muss eine Person bestimmt werden, die für die Dokumentation der Evakuierungsübung zuständig ist.
  • Mit Beginn der Übung die betriebliche Telefonanlage zentral umstellen, damit anrufende Personen Bescheid wissen.
  • Kleine Wertgegenstände und persönlichen Besitz (Schlüssel, Mobiltelefone etc.) nicht im Gebäude zurücklassen oder wegsperren, um Panik oder Diebstahl zu vermeiden.

Um diese Überlegungen möglichst effektiv umzusetzen, sollten bereits bei der Planung fachkundige Personen wie EvakuierungshelferBrandschutzhelfer, Etagenbeauftragte, Sammelplatzhelfer oder Fluchtbeobachter hinzugezogen werden. Sie müssen u. a. sicherstellen, dass sich alle Menschen in Sicherheit bringen und niemand in einem Raum vergessen bzw. übersehen wird.

Wie Arbeitgeber und Sicherheitsverantwortliche prüfen, ob ihr Betrieb ausreichend für den Evakuierungsfall vorbereitet ist, zeigt der Beitrag „Checkliste zu Evakuierung und Räumungsübung – Vorlage für Arbeitgeber und Brandschutzverantwortliche“.

Mit der Übung sollten die Verantwortlichen sicherstellen, dass die anwesenden Personen in folgenden Punkten geschult werden:

  • Berechtigungen, wer den Alarm im Gebäude auslösen darf.
  • Fachgerechtes Verhalten während der Übung.
  • Wie bzw. über welchen Fluchtweg soll jede Person den Arbeitsplatz verlassen.
    → Die Menschen sollen das Gebäude nicht möglichst schnell verlassen, sondern möglichst geordnet.

Auswertung und Nachbereitung

Um hinterher zu prüfen, wie erfolgreich die Übung verlaufen ist, sollte der Arbeitgeber ein geeignetes Protokoll führen. Damit lassen sich Fehler, Mängel und Verbesserungsmöglichkeiten ermitteln. Insgesamt sollten alle, die an der Organisation der Evakuierungsübung beteiligt waren, auch bei der Auswertung mitwirken.

Konkret sollten sie insbesondere diese Punkte analysieren:

  • Kann die Alarmierung zu jeder Zeit unverzüglich ausgelöst werden?
  • Erreicht der Alarm alle Personen, die sich im Gebäude aufhalten?
  • Kennen alle anwesenden Personen die Bedeutung der jeweiligen Alarmierung?
  • Lassen sich die Fluchtwege schnell und sicher benutzen?

Welches Fehlverhalten ist bei einer Evakuierungsübung am häufigsten zu finden?

Viele Beschäftigte unterschätzen den Nutzen einer Evakuierungsübung. Sie denken häufig, sie verlassen das Gebäude jeden Tag, weshalb sie auch wüssten, wie sie sich im Gefahrenfall zu verhalten haben. So kann es bereits bei der Übung passieren, dass aus Faulheit oder Bequemlichkeit Fehler begangen werden, die im tatsächlichen Evakuierungsfall Leben kosten können.

Zu den häufigsten Phänomenen gehören folgende Punkte:

Alle wollen über denselben Weg nach draußen

Ein häufiger Fehler ist z. B., dass die meisten Personen während der Evakuierung ihren gewohnten Weg im Betrieb nutzen, um aus dem Gebäude zu fliehen. Allerdings ist der gewohnte Weg nicht immer der sicherste. Wenn viele denselben Weg nutzen wollen, kann das schnell zu Stau und damit im Ernstfall zu Panik unter den Anwesenden führen. Daher sind entsprechende Gegenmaßnahmen notwendig, damit alle vorhandenen Wege genutzt werden.

Besonders wichtig hierfür sind:

  • Geschultes Personal (v. a. Brandschutzhelfer und Evakuierungshelfer)
  • Aushänge im Betrieb
  • Durchsagen während der Evakuierungsübung
Stopp der Evakuierung direkt vor dem Gebäude

Ein weiteres Problem, dass immer wieder auftritt: Die Personen werden ins Freie vor das Gebäude geschickt und warten dort das Ende der Übung ab. Allerdings reicht es u. U. nicht aus, lediglich vor dem Gebäude im Freien zu warten. Liegt der Ausgang nicht direkt am öffentlichen Grund, müssen die Anwesenden noch weiter evakuiert werden, bis sie auf einer sicheren Fläche ankommen.

Nutzung der Aufzüge

Um den schnellstmöglichen Weg nach draußen zu finden, wollen viele häufig einen Aufzug nutzen. Allerdings drohen hier im Evakuierungsfall gleich mehrere Gefahren, wie z. B.:

  • Da es bei Bränden zu Stromausfällen kommen kann, fallen Aufzüge ggf. aus oder bleiben stehen.
  • Eventuelle Brandgase verteilen sich durch die Aufzugsschächte und können die sich darin aufhaltenden Personen schädigen.
  • Durch die Vorzugssteuerung fahren Aufzüge nicht immer direkt nach unten, sondern dorthin, wohin ihn die nächste Person gerufen hat.

Um solche Fehler zu vermeiden, müssen die Verantwortlichen allen Anwesenden bereits vor und spätestens mit der Evakuierungsübung klarmachen, dass es im Brandfall zu tödlichen Situationen kommen kann, wenn alle Anwesenden in lauter Panik zur selben Zeit in dieselbe Richtung fliehen wollen. 

Welche Gesetze und Vorschriften sind zu beachten?

Es gibt eine Vielzahl arbeitsschutz- und baurechtlicher Vorgaben zu beachten, wenn Betriebe eine Evakuierungsübung planen wollen. Zu den wichtigsten Gesetzen und Vorschriften gehören folgende Regelwerke:

Gesetz/Vorschrift Bedeutung für Evakuierungsübung
  • ArbSchG
  • Forderung von Schutzmaßnahmen zur Ersten Hilfe, Brandbekämpfung und Evakuierung der Beschäftigten.
  • Wer ist zur Übung verpflichtet?
  • Wie oft muss eine Evakuierungsübung durchgeführt werden?
  • ASR A2.3
  • Bauordnungsrecht
  • Gefahrstoffrecht
  • Immissionsschutzrecht
  • Wie oft muss die Übung durchgeführt werden?
  • Was muss in der Übung enthalten sein?
  • DGUV Information 205-003
  • Ausbildung von Brandschutzbeauftragten, die u. a. für die Organisation der Übung zuständig sind.
  • DGUV Information 205-033
  • Arbeitshilfen zur Alarmierung und Evakuierung

Eine Übersicht über die wichtigsten Vorgaben zu Evakuierung und Brandschutz enthält das „Handbuch Brandschutzvorschriften“. Im praktischen Taschenformat finden Verantwortliche dort alle relevanten Vorschriften und DIN-Normen, ergänzt mit hilfreichen Tabellen und Checklisten. Damit sind Arbeitgeber und Brandschutzverantwortliche optimal auf die nächste Evakuierungsübung vorbereitet.

Weitere Hilfe zur Umsetzung betrieblicher Brandschutzmaßnahmen gemäß der Gefährdungsbeurteilung bietet das „Sicherheitshandbuch Brandschutz“. Es liefert bewährte Leitfäden und Arbeitshilfen, um die gesetzlich geforderten Brandschutzmaßnahmen im Unternehmen einfach umzusetzen.

Quelle: „Der Brandschutzbeauftragte“: Ausgabe April 2022

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