Inhaltsverzeichnis
- Gibt es einen klimafesten Baum?
- Klimafester Baum durch Splittzylinder-Lösung
- Der klimafeste Baum im Kampf gegen den Klimawandel
- Fazit: Warum (Stadt-)Bäume für das Kilma so wichtig sind
Gibt es einen klimafesten Baum?
Nicht alle Bäume sich automatisch an Klimaveränderungen angepasst. Das zeigen Ereignisse wie das Waldsterben eindrucksvoll. Dennoch reagieren bestimmte Hölzer widerstandsfähiger auf z.B. erhöhte Trockenheit und steigende Temperaturen als andere.
Maßnahmenkonzepte für klimafeste Begrünung mit Bäumen
Das Projekt „Stadtgrün 2021“ der bayerischen Landesanstalt für Gartenbau (LGW) untersucht in einem Zeitraum von mehr als zehn Jahren potentielle klimafeste und stresstolerante Baumarten an klimatisch unterschiedlichen Standorten in Bayern.
Einheimische Baumarten wie Kastanie, Esche oder Bergahorn sind den klimatisch bedingten Veränderungen nicht mehr gewachsen. Sie sind anfälliger für Schädlingsbefall (z. B. Eschentriebsterben, Eichenprozessionsspinner) oder werden gar zur Gefahr durch morsche, herabfallende Äste. Ziel des Projektes ist es nicht, einen Baum zu finden, der jeglichen Stresssituationen trotzen kann, sondern vielmehr Bäume nachhaltig und standortgerecht zu pflanzen und die Straßen- und Stadtbegrünung zu diversifizieren.
Getestet werden 30 vielversprechende Baumarten auf ihre Eignung als stresstolerante und klimafeste Stadtbäume der Zukunft. Die Kriterien sind:
- Trockenstresstoleranz
- Frosthärte, Spätfrosthärte
- Natürlicher Lebensbereich
- Standortansprüche, insbesondere pH-Toleranz
- Krankheitsanfälligkeit
- Schädlingsanfälligkeit (EPPO-Liste)
- Bewertung aus der Praxis
- Wuchsform
Unter den Kandidaten befinden sich u.a. der Drezahnahorn, Französischer Ahorn, Purpurerle, Zürgelbaum und die Ulme. Die Versuchsbäume wurden an drei bayerischen Standorten mit unterschiedlichen klimatischen Bedingungen gepflanzt.
Würzburg | Trockenes Klima, Hitzeperioden |
Hof/München | Kaltes, raues Klima, Frost |
Kempten | Viel Feuchtigkeit, starke Niederschläge |
Die Versuchsbaumarten werden fortlaufend geprüft und auf Frost- und Trockenschäden, Kronenvitalität, Schädlingsbefall, Erkrankungen und Zuwachsleistungen untersucht. Das Projekt dauert an und wird mit Praxisergebnissen von Stadtgärtnern in ganz Bayern angereichert.
Ein weiteres Projekt hinsichtlich der Untersuchung klimafester Bäume für eine zukunftsfähige Begrünung unserer Städte stellen die Artensteckbriefe 2.0 der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) dar. Die 35 Artensteckbriefe untersuchen ebenfalls Baumarten, die sich als Wälder für das zukünftige Klima eignen könnten.
Klimafester Baum durch Splittzylinder-Lösung – Forschungsgrundlage des Karlsruher Instituts für Technik (KIT)
Maßgeblich geprägt hat den Begriff des klimafesten Baumes eine Forschungsgruppe des Karlsruher Instituts für Technik (KIT) um Prof. Dr. Claus Mattheck. Die dort entwickelte Splittzylinder-Lösung soll Bäume vor Trockenstress schützen und somit klimafest machen.
Unterstützt werden soll hier der natürliche Hydrotropismus der Baumwurzeln, also ihr natürlicher Wuchs in tiefere, feuchtere Bodenschichten. Erkannt wurde unter anderem, dass eine oberflächliche Bewässerung nicht nur kostenintensiv, da in den immer trockener werdenden Sommern umso mehr gewässert werden muss, sondern auch langfristig ineffizient ist.
Besonders wichtig für klimafeste Bäume ist ihr Wurzelwerk sowie die Feuchtigkeit und der Nährstoffreichtum der Erde. © Orlando Florin Rosu – stock.adobe.com |
Regelmäßiges oberflächliches Gießen lässt Baumwurzeln weniger tief wachsen und macht sie somit abhängiger und weniger widerstandsfähig gegen die Folgen des Klimawandels. Sie sind auf eine konstante manuelle Bewässerung in Trockenperioden angewiesen. Das Problem: Wurzeln brauchen einen Anreiz, in tiefere Bodenschichten vorzudringen. Die Lösung: die vom Forschungsteam des KIT entwickelte Splittzylinder-Technologie macht verschiedene Baumarten in Parkanlagen, städtischen Alleen bis hin zu privaten Gärten klimaresistenter.
Für den Splittzylinder werden Bohrungen mit einem Durchmesser von 20 bis 30 Zentimetern und einer Tiefe von etwa ein bis zwei Metern mit ausreichend Abstand zum Baum vorgenommen. Mit einer Mischung aus Splitt und „Terra-preta“, einer besonderen Erde, die ursprünglich aus dem Amazonasgebiet stammt, werden die Bohrlöcher aufgefüllt. Nach zwei Wochen gelegentlichem Angießens bieten die Splittzylinder einen dauerhaften Zugang zu Wasser und Dünger.
Entscheidend für die Wasseraufnahme der Bäume ist auch die Bodenbeschaffenheit: ausgetrocknete Bodenschichten können Wasser schlechter aufnehmen bzw. halten. Die Splittzylinder verhelfen Bäumen dazu, in tiefere Erdschichten vorzudringen, in dem die Wurzeln an ihm entlangwachsen können und so feuchtere Erdschichten erreichen. „Naturbeobachtungen haben gezeigt, dass ein Baum mit nur einer einzigen daumenbreiten Wurzel in feuchteren Bodenschichten eine Trockenperiode lebend überstehen kann, da seine Wasserversorgung gewährleistet ist“, berichtet Prof. Dr. Mattheck. Mit dieser Methode können auch bestehende Bäume klimafest und langlebiger gemacht werden.
Der klimafeste Baum im Kampf gegen den Klimawandel
Wälder werden auch als grüne Lungen unseres Planeten bezeichnet. Die Bäume regulieren die Temperatur und sorgen für eine bessere Luftqualität, indem sie Kohlenstoffdioxid zur Photosynthese verwenden.
Klimatische Gefährdungspotentiale für Mensch und Natur
Die Veränderung des Weltklimas durch den Klimawandel hat Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt, aber auch direkte Auswirkungen auf den Menschen – nicht zuletzt deshalb ist der Klimawandel ein zentrales Thema unserer Zeit.
Der IPCC (Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderung) geht von einem Anstieg der mittleren globalen Temperatur von über 1,5 °C bis zum Ende des 21. Jahrhunderts aus.
Der Klimawandel wirkt sich nicht überall gleich aus. Vor allem in Südeuropa kommt es bereits jetzt zu verstärkten Dürreperioden und Ertragsausfällen. Auch Gebirgsregionen sind stärker betroffen – hier kommt es zunehmend zu Gletscherschmelzen, die Tier- und Pflanzenarten bedrohen. Die erhöhte Konzentration der Treibhausgase (CO2, Methan und Lachgas) in der Atmosphäre führt zu extremen Witterungen: niederschlagsreiche Jahreszeiten werden niederschlagsreicher – niederschlagsarme Jahreszeiten werden niederschlagsärmer.
Trockenperioden, Überschwemmungen und andere Extremwetterereignisse sind die Folge. Auswirkungen für den Menschen sind außerdem der steigende Wasserbedarf im Sommer, der steigende Energiebedarf für Kühlung und die steigende Konzentration toxischer Stoffe (z. B. Ozon und Feinstaub).
Vor allem im urbanen Umfeld kann es zur Bildung von sog. „Hitzeinseln“ kommen, die durch Struktur und Oberflächenbeschaffenheit der Bebauung hervorgerufen werden. Dies stellt den Menschen vor die Aufgabe, auf die kurzfristig geänderten äußeren Bedingungen zu reagieren und ein Anpassungsfähiges Ökosystem zu entwickeln. Die Erhöhung des urbanen Grünanteils wäre nach Andreas Roloff, Stadtbaumforscher, einer der einfachsten, ökonomischsten und effizientesten Anpassungsstrategien.
Fazit: Warum (Stadt-)Bäume für das Klima so wichtig sind
Pflanzen haben erwiesenermaßen einen positiven Einfluss auf unser Wohlbefinden, auf Psyche und Gesundheit. Bäume erbringen darüber hinaus eine wichtige Unterstützung zur Luftqualität und CO2-Bindung.
Die Europäische Kommission definierte den Begriff „Grüne Infrastruktur (GI)“ als ein strategisch geplantes Netzwerk natürlicher und naturnah geplanter Flächen in Land- und Meeresgebieten. Es stellt ein weites Spektrum an Ökodienstleistungen bereit. Die Ökosystemleistung eines Baumes umfasst demnach:
Kühlung | Sauerstoff | Erholung |
Raumwirkung | Bodenerhaltung | Lärmschutz |
Immobilienwert | Lebensraum |
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Bäume regulieren außerdem wie eine Art „Klimaanlage“ die Temperatur, Feuchtigkeit und Windgeschwindigkeit. Die Kühlleistung eines Baumes entspricht laut Forschern der Universität Wageningen 20 bis 30 Kilowatt, was etwa der Leistung von zehn Klimaanlagen entspricht. Gerade in Ballungsgebieten können Bäume so dringend benötigte Energie einsparen und für Abkühlung sorgen.
Im Gegensatz dazu können durch die Bebauung und die erhöhte Wärmespeicherung von Asphalt und Gebäuden städtische Hitzeinseln entstehen, die
- eine erhöhte Temperatur zum Umland,
- kaum nächtliche Abkühlung,
- geringere Luftfeuchtigkeit sowie
- reduzierte Windgeschwindigkeiten
aufweisen. Bäume tragen zur Verbesserung des Mikroklimas bei und sind dahingehend wesentlich wirksamer als der Einsatz von z. B. Rasenflächen. Damit ein Baum über viele Jahre seinen Beitrag zu einem intakten Ökosystem leisten kann, müssen mehrere Faktoren beachtet werden. Art/Sorte, Pflanzung, Substrat/Boden und Standort sind entscheidend. Daher müssen für die Zukunftsfähigkeit klimafeste Bäume gewählt und entsprechend eingesetzt werden.
Quellen: „der bauhofLeiter", LWG, www.waldwissen.net, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)