Aufbewahrungsfristen Unternehmen: Übersicht zu gesetzlichen Aufbewahrungspflichten

30.10.2024 | T. Reddel – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH

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Unternehmen arbeiten täglich mit verschiedensten Dokumenten wie Rechnungen, Verträgen oder Lieferscheinen. Hierfür gelten bestimmte Aufbewahrungspflichten: Während dieser Zeit dürfen die Geschäftsunterlagen weder entsorgt noch anderweitig vernichtet werden. Doch wie lange muss man als Firma Unterlagen aufbewahren? Das hängt insbesondere von der Art der Dokumente und ihrer Funktion im Unternehmen ab. Daher gibt der folgende Beitrag eine tabellarische Übersicht über die wichtigsten Aufbewahrungsfristen für Unternehmen.

 

Inhaltsverzeichnis

  1. Für wen gilt die Aufbewahrungspflicht?
  2. Welche Aufbewahrungsfristen gibt es für Unternehmen? – Tabelle
  3. Beginn der Aufbewahrungsfrist und Aufbewahrungsort
  4. Aufbewahrungspflichten bei digitalen Unterlagen

Die Aufbewahrungsfristen für Unternehmen sind vor allem im Handelsrecht nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) und im Steuerrecht nach der Abgabenordnung (AO) geregelt. Hinzu kommen, je nach Anwendungsfall, weitere Regelungen aus dem Arbeitsrecht, dem Sozialversicherungsrecht und dem Produkthaftungsgesetz (etwa für Vertrags- oder Personalunterlagen).

Für wen gilt die Aufbewahrungspflicht?

Grundsätzlich sind alle Gewerbetreibenden dazu verpflichtet, Geschäftsunterlagen innerhalb bestimmter Fristen aufzubewahren. Das betrifft alle Unternehmen und Organisationen, die nach Steuer- bzw. Handelsrecht zum Führen von Büchern und Aufzeichnungen verpflichtet sind. Denn die Aufbewahrungspflicht ist Teil der gesetzlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten, denen die Betroffenen ebenfalls unterliegen. Darüber hinaus gelten diese Pflichten, sobald Gewerbetreibende oder Land- und Forstwirte jährliche Umsatzgrenzwerte von 800.000 beziehungsweise 80.000 Euro überschreiten (§ 141 Abs. 1 AO).

Hinweis: Für Privatpersonen gilt eine zweijährige Aufbewahrungspflicht für Rechnungen, Zahlungsbelege und andere Unterlagen, die sie im Zusammenhang mit Leistungen an einem Grundstück (Neubau, Sanierung, Bauüberwachung, Bepflanzung etc.) erhalten.

Die genauen Ordnungsvorschriften zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen für Unternehmen sind in § 147 AO geregelt. Demnach müssen sämtliche Bücher und Aufzeichnungen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, über bestimmte Zeiträume aufbewahrt werden – seien es Personalunterlagen, Reisekostenabrechnungen oder Zollbelege.

Welche Aufbewahrungsfristen gibt es für Unternehmen? – Tabelle

Grundsätzlich wird für Unternehmen zwischen Aufbewahrungsfristen von zehn und sechs Jahren unterschieden. So teilen sich die allgemeinen Fristen nach § 147 AO wie folgt auf:

Dokument Aufbewahrungsfrist
  • ATLAS-Unterlagen (wenn die Zollbehörde auf eine Vorlage verzichtet hat oder diese nach Vorlage zurückgegeben wurden)
  • Bücher und Aufzeichnungen
  • Eröffnungsbilanzen + zu deren Verständnis erforderliche Dokumente (Arbeitsanweisungen, Organisationsunterlagen)
  • Inventare
  • Jahresabschlüsse
  • Lageberichte
10 Jahre
  • Buchungsbelege
8 Jahre (ab 2025)*
  • Empfangene Handels- und Geschäftsbriefe
  • Kopien der versandten Handels- und Geschäftsbriefe
  • Andere Unterlagen (soweit für die Besteuerung relevant)
6 Jahre

Darüber hinaus verweist die AO in § 140 darauf, dass die Aufbewahrungspflichten auch in „anderen Gesetzen“ geregelt werden können, solange sie für die Besteuerung relevant sind. In erster Linie sind hier das Umsatzsteuergesetz (UStG) und das HGB zu beachten. Außerdem gibt es eine Vielzahl an Gesetzen und Verordnungen für bestimmte Berufe oder Tätigkeiten. So muss etwa im Personal- und Lohn- /Gehaltswesen zusätzlich das Sozialrecht berücksichtigt werden.

Aufbewahrungsfristen Unternehmen im Detail

Die oben genannten Überkategorien umfassen zahlreiche Dokumente und Schriftstücke. Darunter fallen unterschiedlichste Geschäftsunterlagen wie beispielsweise Lieferscheine, Kontoauszüge oder Verträge. Gleichzeitig entscheidet nicht allein die Bezeichnung eines Dokuments über seine Aufbewahrungsfristen, sondern vorrangig seine Funktion im Betrieb.

Daher gibt folgende Tabelle eine alphabetische Übersicht über ausgewählte Dokumente und ihre steuerlichen Aufbewahrungsfristen für Unternehmen.

Dokument  Jahre
A
Abrechnungsbelege 10*
Abtretungserklärungen 6
Akkreditive 6
Aktenvermerke (soweit steuerrechtlich relevant) 10
Änderungsnachweis der EDV-Buchführung 10
Angebote, die zum Auftrag geführt haben 6
Anlagevermögensbücher und -karteien 10
Arbeitsanweisungen 10
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen/Krankmeldungen 10
Ausbildungsnachweise 6
Ausgangsrechnungen 10
Außendienstabrechnungen 10
B
Bankauszüge, Bankbelege 10*
Bankbürgschaften 10
Begleitscheine 10
Beitragsabrechnungen zur Sozialversicherung 10
Belege, Sammelbelege, Beleglisten 10*
Betriebskostenabrechnungen 10
Betriebsprüfungsberichte 6
Bewirtungsbelege 10*
Bilanzen (Jahresbilanzen) 10
Buchungsanweisungen/Buchungsbelege 10*
D
Darlehensunterlagen (nach Vertragsablauf) 10
Datensicherungen 10
Dauerauftragsunterlagen 6
Debitorenlisten 10
E
Eingangsrechnungen 10
E-Mails mit steuerrelevantem Inhalt 10
Export-/Ausfuhrunterlagen (Lieferantenerklärungen, Präferenznachweise etc.) 10
F
Fahrtkostenerstattungen (Buchungsbelege) 10*
Frachtbriefe 6
G
Gehaltslisten 10*
Geschäftsberichte 10
Geschäftsbriefe (außer Gutschriften und Rechnungen) 6
Geschenknachweise 6
H
Handelsbriefe 6
Handelsregisterauszüge 10
Hauptabschlussübersicht (anstelle der Bilanz) 10
I
Import-/Einfuhrunterlagen 10
Inkassobücher, -karteien und -quittungen 10
Inventare 10
Investitionszulagen 10
J
Jahresabschlüsse mit Erläuterungen 10
Jahresabschlusserläuterungen 10
Journale für Hauptbuch und Kontokorrent 10
K
Kalkulationsunterlagen 10
Kassenberichte, -bücher, -blätter und -belege 10*
Kassenzettel 10*
Kontoauszüge 10*
Konzernabschlüsse, Konzernlageberichte 10
Kostenträgerrechnungen 10
Krankmeldungen/AU-Bescheinigungen 10
Kreditunterlagen 10
L
Lieferantenerklärungen 10
Lieferscheine 10
Lohnaufzeichnungen 10*
M
Mahnbescheide 10
Mietunterlagen  10
N
Nachnahmebelege 10
Nebenbücher 10
O
Organisationsunterlagen über EDV-Buchführung 10
P
Pachtunterlagen 10
Personalakten 10
Preislisten (Bewertungsunterlagen) 10
Protokolle (Buchungsbelege) 10
Prozessakten 10
Prüfungsberichte (Abschlussprüfer) 10
Q
Quittungen (Buchungsbelege) 10*
R
Rechnungen, Rechnungsunterlagen 10
Reisekostenabrechnungen 10
Reklamationen 6
Repräsentationsaufwendungen (Unterlagen) 10
S
Saldenbilanzen und -listen 10
Scheck- und Wechselunterlagen 6
Schriftwechsel (allgemein) 6
Schulungsnachweise 6
Spendenbescheinigungen 10
Steuerunterlagen 10
T
Telefonkostennachweise 10
U
Überstundenlisten 10
Unfallanzeige/Unfallprotokoll 6
Urlaubsanträge 10
V
Verbindlichkeiten (Zusammenstellungen) 10
Verkaufsbücher 10
Vermögensverzeichnisse 10
Versand- und Frachtunterlagen 6
Versicherungspolicen (nach Ablauf) 6
Verträge (nach Vertragsende, sofern keine Buchungsgrundlage) 6
W
Wareneingangs- und -ausgangsbücher 10
Wechsel (Buchungsbelege) 10*
Werbekostenbelege 10*
Z
Zahlungsanweisungen 10
Zinsabrechnungen 10
Zollanmeldung 10
Zwischenbilanz  (bei Gesellschafterwechsel oder Umstellung des Wirtschaftsjahres) 10

*Aufbewahrungsfrist 8 Jahre – neues Gesetz?

Ab dem 1. Januar 2025 werden die bisherigen Aufbewahrungsfristen von Buchungsbelegen von zehn auf acht Jahre verkürzt. Das geschieht im Rahmen des sogenannten Bürokratieentlastungsgesetz IV, das am 29. Oktober 2024 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde. Dies soll den bürokratischen Aufwand für die Betroffenen reduzieren und die Wirtschaft entlasten. Bis das Gesetz in Kraft getreten ist, gelten weiterhin die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen von zehn Jahren für Buchungsbelege.

Beginn der Aufbewahrungsfrist und Aufbewahrungsort

Die Aufbewahrungsfristen beginnen jeweils mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung/Bearbeitung stattfand. Beim Inventar ist der Schluss des Kalenderjahres maßgebend, in dem es aufgestellt oder eine Änderung vorgenommen wurde. Beim Jahresabschluss und Lagebericht zählt das Ende des Jahres, in dem das Dokument erstellt wurde. 

Hinsichtlich des Aufbewahrungsortes gelten im Handels- und Steuerrecht unterschiedliche Regelungen:

  • AO: Aufbewahrungspflichtige Dokumente müssen in Deutschland gelagert werden. 
  • HGB: Keine Angaben zum konkreten Aufbewahrungsort. Die Unterlagen müssen lediglich auf Anfrage in einem angemessenen Zeitrahmen vorgelegt werden können.

Aufbewahrungspflichten Unternehmen bei digitalen Unterlagen

Grundsätzlich dürfen alle Dokumente, für die eine Aufbewahrungspflicht besteht, analog und digital archiviert werden. Beachten müssen Unternehmen, dass steuerrechtlich relevante Dokumente, die bereits in digitaler Form an die Finanzbehörde übermittelt wurden, auch digital aufzubewahren sind. Es ist also nicht zulässig, einen elektronischen Kontoauszug ausgedruckt zu archivieren und das digitale Dokument zu löschen. 

→ Bedeutet: Für digital archivierte Dokumente gelten dieselben steuerlichen Aufbewahrungsfristen von zehn oder sechs Jahren wie für Unterlagen in Papierform.

Wichtig ist, dass bei sämtlichen Aufbewahrungsmethoden die Vorgaben des Datenschutzes eingehalten werden und keine unbefugten Personen Zugriff auf die Dokumente erlangen. Zudem kann es bei bestimmten arbeitsrechtlichen Dokumenten wie Kündigungen oder Aufhebungsverträgen sinnvoll sein, die Personalunterlagen in Papierform aufzubewahren. Denn der Beweis über die formelle Wirksamkeit ist nur mithilfe des Originaldokuments möglich.

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Quellen: „Das GmbH-Recht“, Handelskammer (HK) Hamburg, zoll.de