Inhaltsverzeichnis
- Expertenstandard Mundgesundheit: Definition
- Ziele des Expertenstandards Mundgesundheit
- Wer ist vom Expertenstandard Mundgesundheit betroffen?
- Expertenstandard Mundgesundheit: Aufgaben für Pflegefachkräfte
- Kriterien des Expertenstandards Mundgesundheit
Expertenstandard Mundgesundheit: Definition
Der neue Expertenstandard zur Förderung der Mundgesundheit ist der zehnte pflegerische Standard des DNQP. Er definiert Anforderungen an die allgemeine Pflege und Reinigung von Mund, Schleimhaut, Zunge sowie Zähnen bzw. Zahnersatz. Als Mundgesundheit versteht der Standard die „Fähigkeit zu kauen und ohne Einschränkungen zu essen, deutlich sprechen und unbeschwert lächeln zu können“ (Expertenstandardentwurf, S. 21).
Allerdings gehören zur Mundgesundheit nicht nur gesunde Zähne und gesundes Zahnfleisch – mit ihr hängt auch die Nährstoffzufuhr, die Kommunikation und das Sozialverhalten der Betroffenen zusammen. Eine ausgeprägte Mundgesundheit sieht der Expertenstandard als wesentlichen Bestandteil der allgemeinen Gesundheit. Verschlechtert sich die Mundgesundheit, kann das schwerwiegende physische und psychosoziale Folgen nach sich ziehen.
Welche Risiken gibt es bei der Mundgesundheit?
Als wichtigste Funktion des Expertenstandards Mundgesundheit gilt es, die Mundhygiene betroffener Personen zu verbessern bzw. aufrecht zu erhalten. Dazu gehört jedoch auch bereits vorhandene Probleme im Mundbereich zu behandeln. Daher müssen Pflegefachkräfte wissen, welche Symptome zu einer Verschlechterung der Mundgesundheit führen können.
Zu den wichtigsten Risiken und Symptomen zählt der Expertenstandard folgende Punkte auf:
- unzureichende Mundhygiene
- Kauprobleme
- vernachlässigtes äußeres Erscheinungsbild
- reduzierter Allgemeinzustand
- höheres Lebensalter
- Rauchen
- Nebenwirkungen von Medikamenten (z. B. Blutgerinnungshemmer, Antidepressiva oder Blutdrucksenker)
- spezielle Patientengruppen mit erhöhtem Risiko, dazu gehören u. a. Menschen mit
- körperlichen oder kognitiven Beeinträchtigungen.
- neurologischen Erkrankungen.
- mehreren Medikamenten.
- geringer oder keiner Nahrungsaufnahme.
- Kontinuierlicher Sauerstoffzufuhr oder Beatmung.
- Chemo- oder Strahlentherapie.
- Immunsuppression.
- Substanzabhängigkeit.
- oder Menschen in der terminalen Lebensphase.
- Diabetes mellitus
- Mundtrockenheit (Xerostomie)
- Mundgeruch
- Bruxismus
Insbesondere bei Menschen, die einen oder mehrerer dieser Faktoren aufweisen, müssen die Pflegeeinrichtungen auf die Mundgesundheit der Personen achten und ggf. weitere Förderungsmaßnahmen umsetzen.
Besonderheiten am Expertenstandard Mundgesundheit
Der Expertenstandard Mundgesundheit unterscheidet sich in eigenen Punkten von anderen Expertenstandards. Hierzu zählt z. B. die große Anzahl an Verfassern, die an der Formulierung des Standards mitgewirkt haben.
Als Verfasser gelten folgende Parteien:
- DNQP
- Bundeszahnärztekammer (BZÄK)
- Deutsche Gesellschaft für Alterszahnmedizin (DGAZ)
- Arbeitsgemeinschaft Zahnmedizin für Menschen mit Behinderungen und besonderem Unterstützungsbedarf (AG ZMB)
Damit ist der Expertenstandard Mundgesundheit der erste multiprofessionell erarbeitete Expertenstandard. Eine weitere Besonderheit: Die Initative zum Erstellen des Standards kam nicht vom DNQP selbst, sondern von den zahnärztlichen Fachgesellschaften. Darüber hinaus sind sie auch an der Erarbeitung des Expertenstandard Mundgesundheit beteiligt gewesen.
Unterschied Expertenstandard und Pflegestandard
Es gibt sowohl Experten- als auch Pflegestandard, doch beide grenzen sich in verschiedenen Punkten voneinander ab. So müssen Pflegestandards von den einzelnen Pflegediensten individuell in ihrem Betrieb ausgearbeitet werden. Dadurch unterscheidet sich die praktische Auslegung der Pflegestandards je nach Einrichtung.
Expertenstandards wiederum bilden die theoretische Basis zur Ausarbeitung der Pflegestandards. Sie enthalten die erforderlichen Aufgaben sowie Anforderungen an die Pflegedienste und werden von Pflegeexperten verfasst. Bekannte Expertenstandards gibt es z. B. zu Mobilität, Schmerz und Demenz.
Ziele des Expertenstandards Mundgesundheit
Der DNQP definiert in seinem Entwurf zum Expertenstandard Mundgesundheit, welche Ziele er mit dem neuen Werk erreichen will. So gehen die Verfasser vorrangig auf folgende Ziele ein:
- Die Mundgesundheit der Pflegebedürftigen durch Information, Anleitung oder das (zeitweise) Übernehmen von Maßnahmen erhalten.
- Falls die Mundgesundheit beeinträchtigt ist: Diese durch gezielte Maßnahmen aus dem Expertenstandard verbessern.
- Die pflegerische Unterstützung bei der Mundpflege optimieren, indem Pflegeeinrichtungen den Expertenstandard in ihrem Betrieb umsetzen.
Die Verfasser geben als Begründung für den Expertenstandard Mundgesundheit an, dass sich die Anforderungen an eine fachgerechte Mundpflege qualitativ und quantitativ erhöht haben. Qualitativ sowohl durch einen verbesserten Wissensstand, technische Entwicklungen und immer aufwändigeren Zahnersatz, quantitativ durch die Zunahme des Anteils pflegebedürftiger Menschen. Der Expertenstandard soll Pflegeeinrichtungen und Pflegefachkräften bei der Umsetzung dieser Ziele unterstützen.
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Wer ist vom Expertenstandard Mundgesundheit betroffen?
Expertenstandards richten sich in erster Linie immer an Pflegefachkräfte und deren Pflegeeinrichtung. Sie sind hauptverantwortlich für die Umsetzung des Standards. Außerdem müssen die Einrichtungen und Pflegedienste für die entsprechende pflegerische Expertise sorgen sowie für die (zahn-)ärztliche Expertise in Form von Rücksprache- und Einziehungsmöglichkeiten.
Der Standard zur Mundgesundheit spricht jedoch auch andere Berufsgruppen an, die sich am Expertenstandard orientieren und zusammenarbeiten sollen. Dazu gehören insbesondere folgende Berufe:
- Heilerziehungspfleger
- Zahnmediziner
- Physiotherapeuten
- Logopäden
- Ernährungsberater
Trotz der breiten Zuständigkeit für den Expertenstandard Mundgesundheit bleibt die zentrale Rolle bei der Pflege. Dieser Sachverhalt ist auch in anderen Expertenstandards so geregelt, ebenso wie die Forderung nach einer engen Zusammenarbeit der unterschiedlichen Berufsgruppen.
Da gerade ältere Menschen häufiger mit Problemen bei der Mundgesundheit zu kämpfen haben, gelten Pflegebedürftige und Bewohner der stationären Altenpflege als Gruppe mit erhöhtem Risiko für Probleme bei der Mundhygiene. Dadurch sind sie umso mehr auf die Hilfe von Pflegefachkräften angewiesen, die sich am Expertenstandard zur Förderung der Mundgesundheit orientieren können.
Expertenstandard Mundgesundheit: Aufgaben für Pflegefachkräfte
Der Expertenstandard definiert die Mundgesundheit als pflegerische Aufgabe. Sie ist Teil der Grundpflege und erfordert entsprechende Pflegemaßnahmen, um einen entscheidenden Beitrag zur Förderung der Mundgesundheit zu leisten. Um diese Maßnahmen in der Praxis umzusetzen, erklärt der Standard, welche Aufgaben die Pflegeeinrichtungen und Pflegefachkräfte übernehmen müssen.
Zu den Aufgaben gehören folgende Punkte:
- Unterstützungsbedarf bei der Mundpflege erkennen und dafür Verantwortung tragen.
- Gemeinsam mit dem Pflegebedürftigen und/oder seinen Angehörigen Maßnahmen zur Mundgesundheit planen.
- Bei der korrekten Durchführung der Maßnahmen helfen oder die Umsetzung der Maßnahmen vollständig übernehmen.
- Kompetenz aufbauen, um entscheiden zu können, wann pflegerische Maßnahmen nicht ausreichen und andere Berufsgruppen hinzugezogen werden müssen.
Alle Pflegekräfte müssen sich im Rahmen der Qualitätsprüfungs-Richtlinien (QPR) regelmäßig fortbilden. Auch der Bereich Pflege- und Expertenstandards gehört dazu. Die QM-PRAXIS-Lernplattform bietet eine passende Kurz-Schulung zum neuen Expertenstandard Mundgesundheit. Sie erklärt in 20 Minuten, welche Neuerungen wichtig sind und wie Pflegekräfte die Implementierung korrekt umsetzen.
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Kennen die Betroffenen ihre Aufgaben, müssen sie sich im nächsten Schritt nach den Kriterien des Expertenstandards Mundgesundheit richten. Sie sind maßgebend für die fachlich korrekte Umsetzung des Standards.
Kriterien des Expertenstandards Mundgesundheit
Wesentlicher Bestandteil des Expertenstandards Mundgesundheit sind die Standardkriterien zur Mundhygiene. Sie sind in fünf Kriterien-Ebenen aufgeteilt, sodass sich folgendes Schema ergibt:
Kriterien-Ebene 1: Assessment | |
✓ | Die zuständige Pflegefachkraft besitzt die Kompetenz zur Identifikation eines pflegerischen Unterstützungsbedarfs bei der Mundpflege. |
✓ | Die Pflegeeinrichtung muss ausreichend erforderliches Material und Ressourcen für die Einschätzung und Dokumentation zur Verfügung stellen. Außerdem muss sie dafür sorgen, dass bei Bedarf weitere Expertise ermöglicht wird. |
✓ | Zu Beginn der Pflege muss die Fachkraft mithilfe eines Screenings Probleme im Mundbereich feststellen. Außerdem muss sie diese Einschätzung in settingspezifischen und individuell festgelgeten Zeitabständen wiederholen. |
✓ | Bei festgestellten oder zu erwartenden Problemen führt die Pflegefachkraft im Mundbereich ein Assessment durch und zieht bei Bedarf weitere Expertise hinzu. |
✓ | Es liegt eine Einschätzung zur Durchführung der Mundpflege des Pflegebedürftigen vor oder zu eventuellen Problemen im Mundbereich. Die Einschätzung muss aktuell, systematisch und zielgruppenspezifisch erfolgen. |
Kriterien-Ebene 2: Planung | |
✓ | Die Pflegefachkraft verfügt über Kompetenzen, um Maßnahmen zur Mundgesundheit planen und koordinieren zu können. |
✓ | Es gibt in der Pflegeeinrichtung eine Verfahrensregelung zur Förderung der Mundgesundheit, in der Vorgehen, Zuständigkeiten und Schnittstellen geregelt sind. |
✓ | Die Pflegefachkraft plant gemeinsam mit dem Pflegebedürftigen, ggf. seinen Angehörigen und anderen Berufsgruppen, die an der Versorgung beteilig sind, weitere Fördermaßnahmen zur Mundgesundheit. Grundlage hierfür ist das vorherige Assessment unter Berücksichtigung der individuellen Vorlieben, Abneigungen, Gewohnheiten und vorhandenen Selbstmanagement-Kompetenzen des Pflegebedürftigen. |
Es liegt eine individuelle Maßnahmenplanung vor, die folgende Punkte umfasst: | |
✓ | aktuelle Probleme im Mundbereich |
✓ | mögliche Risiken |
✓ | individuelle Pflegeziele |
✓ | Selbstmanagementkompetenzen des Pflegebedürftigen |
Kriterien-Ebene 3: Information, Beratung und Schulung | |
✓ | Die Pflegefachkraft verfügt über die Kompetenz zur Information, Schulung und Beratung zur Förderung von Mundgesundheit. |
✓ | Die Einrichtung stellt den Beschäftigten entsprechendes Informations-, Schulungs- und Beratungsmaterial zur Verfügung. |
✓ | Die Pflegefachkraft informiert, schult und berät den Pflegebedürftigen (ggf. auch dessen Angehörige) bei der Durchführung der Mundpflege. Hierbei unterstützt und fördert sie die Selbstmanagementkompetenzen. Information, Schulung und Beratung erfolgen in enger Abstimmung mit anderen Berufsgruppen, die an der Versorgung beteiligt sind und auf Basis der vereinbarten Ziele. |
✓ | Der Pflegebedürftige ist bei der Durchführung der eigenen Mundpflege über die Bedeutung der Mundgesundheit informiert, geschult und beraten worden. Die Selbstmanagementkompetenz zur eigenständigen Durchführung der Mundpflege wird unterstützt und gefördert. |
Kriterien-Ebene 4: Umsetzung | |
✓ | Die Pflegefachkraft verfügt über die Kompetenz pflegerische Maßnahmen zur Förderung der Mundgesundheit umzusetzen. |
✓ | Die Einrichtung ist dafür verantwortlich, dass Hilfsmittel, Materialien und geeignete räumliche Voraussetzungen vorhanden sind, um Maßnahmen zur Mundpflege durchführen zu können. |
✓ | Die Pflegefachkraft führt, in Abstimmung mit dem Pflegebedürftigen, die zuvor definierten pflegerischen Maßnahmen zur Förderung der Mundgesundheit durch. |
✓ | Die Pflegefachkraft koordiniert die Zusammenarbeit der beteiligten Berufsgruppen. |
✓ | Die Maßnahmen haben sich im Rahmen der vereinbarten Ziele positiv auf die Mundgesundheit und das Selbstmanagement des Pflegebedürftigen ausgewirkt. |
Kriterien-Ebene 5: Evaluation | |
✓ | Die Pflegefachkraft kann zum einen beurteilen, ob individuell vereinbarte Ziele erreicht wurden und zum anderen, welche Auswirkungen die pflegerischen Maßnahmen auf die Mundgesundheit haben. |
✓ | Die Pflegefachkraft beurteilt regelmäßig und anlassbezogen die Wirksamkeit der Pflegemaßnahmen sowie den Behandlungserfolg anhand individuell vereinbarter Ziele. |
✓ | Es liegt eine sach- und fachgerechte Bewertung (Evaluation) der pflegerischen Maßnahmen vor. Diese müssen im Rahmen der vereinbarten Ziele zur Verbesserung bzw. dem Erhalt der Mundgesundheit beitragen. Gibt es keine vereinbarten Ziele, wurde zuvor der Maßnahmenplan in Abstimmung mit allen Beteiligten angepasst, geprüft und ggf. eingeleitet. |
Diese Kriterien machen deutlich, dass der Expertenstandard Mundgesundheit besonderen Wert auf die Schulung der Pflegefachkräfte und deren notwendige Kompetenzen legt.
Quellen: „Pflege und Expertenstandards auf CD-ROM”, dnqp.de