Änderung der ASR V3a.2 – barrierefreie Gestaltung von Arbeitsstätten
28.04.2023 | T. Reddel – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH
Seit dem 27.04.2023 gelten Änderungen bzgl. der ASR V3a.2. Die Technische Regel beschreibt Vorgaben und Maßnahmen zur barrierefreien Gestaltung von Arbeitsstätten. Neu hinzugekommen ist der Anhang A4, der Anforderungen an Kantinen gem. Arbeitsstättenverordnung beschreibt. Zuvor wurde die ASR V3a.2 im März 2022 umfangreich geändert. Worauf sollten Arbeitgeber und Sicherheitsverantwortliche jetzt achten?Inhaltsverzeichnis
Was ist die ASR V3a.2? – Definition
Die ASR V3a.2 regeln die Sicherheit und den Gesundheitsschutz von Beschäftigten mit Behinderungen. Denn Menschen mit körperlichen Einschränkungen, seien es Seh-, Hör- oder Gehbehinderungen, haben spezielle Bedürfnisse, die auch Arbeitgeber berücksichtigen und in der Gestaltung des Arbeitsumfelds einbringen müssen.
Inhaltlich besteht die ASR V3a.2 großteils aus Anhängen zur ASR V3 „Gefährdungsbeurteilungen“. Sie gelten als ergänzende Anhänge der ASR, die die barrierefreie Gestaltung von Arbeitsstätten vorgeben und konkretisieren. Damit sollen Menschen mit Behinderung die Möglichkeit und Unterstützung erhalten, an einem Arbeitsplatz arbeiten zu können.
Denn bei der Einrichtung von Arbeitsstätten können viele Barrieren entstehen, die Menschen ohne Einschränkungen oft nicht bedenken. Es gibt zum einen räumliche Barrieren wie Treppen oder andere Hindernisse, die für Menschen mit einer Gehbehinderung zu berücksichtigen sind. Aber auch optische, akustische oder soziale Barrieren sind möglich. So sind z. B. Beschriftungen von Fluchtwegen für Sehbehinderte nicht wahrnehmbar, ein Feueralarm muss für hörgeschädigte Menschen durch andere Mittel erkennbar sein und alle Beschäftigten müssen sich über eine Kommunikationsform mit dem Umfeld austauschen können.
Was ist eine ASR?
Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten, kurz ASR, werden von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) formuliert. Arbeitgeber finden in den ASR alle notwendigen Maßnahmen, um ihr Unternehmen bzgl. Sicherheit und Arbeitsschutz zu gestalten.
Alle Technischen Regeln für Arbeitsstätten beinhalten konkrete Anforderungen zur Technik, Sicherheit und Hygiene in Arbeitsstätten. Hält sich der Arbeitgeber an die Vorgaben der ASR, kann er davon ausgehen, dass die gesetzlichen Bedingungen erfüllt sind. Zwar ist er nicht dazu verpflichtet, die Anforderungen der ASR zu erfüllen, muss in diesem Fall aber auf anderem Weg mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer gewährleisten.
Solche Sicherheitsmaßnahmen, die der Arbeitgeber veranlassen muss, befassen sich mit den räumlichen und technischen Vorgaben der Arbeitsstätte. Hierfür relevant sind z. B. die Vorgaben der ASR A1.2 zu Raumabmessungen und Bewegungsflächen. Auch die ASR A3.6 ist für Arbeitgeber entscheidend: Sie enthält konkrete Anforderungen an die Lüftung im Betrieb.
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ASR V3a.2: aktuelle Änderungen
Die erste Fassung der ASR V3a.2 erschien im August 2012. Seitdem gab es immer wieder inhaltliche Änderungen – egal ob ergänzt oder gestrichen wurde. Der folgende Abschnitt zeigt die wichtigsten Änderungen der neuen ASR V3a.2.
April 2023: Neuer Anhang A4
Seit April 2023 gibt es einen neuen Anhang in der ASR V3a.2. Der Anhang A4 beschreibt die barrierefreie Gestaltung von Kantinen nach Arbeitsstättenverordnung. Er geht u. a. auf folgende Punkte ein:
- Auffindbarkeit, Wahrnehmbarkeit, Erkennbarkeit, Erreichbarkeit und Nutzbarkeit der Kantine
- Verkehrswege zur und in der Kantine (gemäß Anhang A1.8)
- Stell-/Bewegungsflächen für Rollatoren, Rollstühle oder Gehhilfen von Beschäftigten
- Lärmschutz für Menschen mit Hörbehinderung oder ähnlichen Einschränkungen
Ebenso umfangreichere Änderungen in der ASR V3a.2 gab es bereits ein Jahr vorher.
März 2022: Anhang A3.4/7 gestrichen
Aufgrund umfangreicher Änderungen von ASR zum Bereich Flucht- und Verkehrswege wurde u. a. der gesamte Anhang A3.4/7 aus der ASR V3a.2 entfernt. Er beschrieb Vorgaben zur Sicherheitsbeleuchtung und zu optischen Sicherheitsleitsystemen. Teile des Inhalts wurden jedoch in den Anhang A2.3 „Ergänzende Anforderungen zur ASR A2.3 'Fluchtwege und Notausgänge'“ überführt. Hinzu kamen kleinere formale Änderungen.
In diesem Kontext wurde auch die zum Anhang gehörige ASR A3.4/7 aufgehoben. Ihre Vorgaben befinden sich mittlerweile großteils in der ASR A3.4 „Beleuchtung“ und der ASR A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge“.
März 2021: Neue Anhänge zu Brandschutz und Pausenräumen
Auch im März 2021 gab es inhaltliche Änderungen. Neu hinzu kam der Anhang A2.2 mit Maßnahmen gegen Brände sowie der Anhang A4.2 zu Pausen- und Bereitschaftsräumen.
Bei den Maßnahmen gegen Brände in Arbeitsstätten müssen Arbeitgeber besonders berücksichtigen, dass Arbeitnehmer mit Behinderung auch hier auf spezielle Vorrichtungen angewiesen sind. Der neue Anhang der ASR V3a.2 geht daher auf folgende Aspekte des anlagentechnischen Brandschutzes näher ein und gibt ggf. Beispiele, wie Arbeitgeber diese behindertengerecht umsetzen können.
Maßnahme | Anforderung nach ASR V3a.2 | Beispiel |
Alarmsignale |
Bei Alarmsignalen muss immer das Zwei-Sinne-Prinzip beachtet werden, was als wichtiges Prinzip der barrierefreien Gestaltung von Arbeitsstätten gilt. Dabei müssen mindestens zwei der drei Sinne „Hören, Sehen und Tasten“ angesprochen werden, damit möglichst viele Personen die Einrichtung nutzen können. Laut der ASR V3a.2 muss ein Alarmsignal mindestens akustisch und optisch wahrgenommen werden können. Hörgeschädigte können akustische Alarmsignale nicht wahrnehmen, daher muss der Arbeitgeber den Alarm auch optisch, verdeutlichen, z. B. durch Alarmlichter. Entsprechendes gilt umgekehrt für Menschen mit Sehbehinderungen. |
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Brandmelder |
Ebenso müssen nichtautomatische Brandmelder für jeden Arbeitnehmer wahrnehmbar, erkennbar, erreichbar und nutzbar sein. Neben dem Zwei-Sinne-Prinzip kommt hier noch die Erreichbarkeit zum Tragen. Für Rollstuhlfahrer oder kleinwüchsige Beschäftigte muss die Betätigung der Bedienelemente von Brandmeldern gewährleistet sein. Die nichtautomatischen Brandmelder sollten wandmontiert oder als Rufsäule auf einer geringeren Höhe angebracht sein. |
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Meldeeinrichtungen | Um Notrufe schnell und verständlich zu übermitteln, sind Meldeeinrichtungen notwendig, die für Arbeitnehmer mit Behinderung sinnvoll und schnell zu bedienen sind. |
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Feuerlöscher | Bei der Gestaltung von behindertengerechten Arbeitsstätten ist auch auf die Wahl der Feuerlöscheinrichtungen zu achten. Vor allem sind dabei Beschäftigte mit Gehbehinderung oder Einschränkungen der Hand-Arm-Motorik zu berücksichtigen. |
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Daneben definiert die ASR V3a.2 mögliche organisatorische Maßnahmen für das Verhalten im Brandfall. Das Zwei-Sinne-Prinzip spielt auch bei diesem Aspekt eine wichtige Rolle.
Anhang der ASR V3a.2 zu Pausen – und Bereitschaftsräumen
Laut ASR V3a.2 muss der Arbeitgeber unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten einen Pausenbereich zur Verfügung stellen, falls die Behinderung eines Arbeitnehmers dies erforderlich macht. Der Anhang A4.2 der ASR V3a.2 behandelt die ergänzenden Anforderungen für Pausen- und Bereitschaftsräume.
Pausen- und Bereitschaftsräume müssen von jedem Arbeitsplatz aus, unabhängig von der Entfernung, innerhalb von fünf Minuten erreichbar sein. Das ist nicht nur durch kurze Wege oder eine ausreichende Anzahl solcher Räume und Bereiche zu bewerkstelligen, sondern auch durch betriebliche Verkehrsmittel und andere Hilfsmittel. Ebenso müssen laut ASR V3a.2 Anhang A4.2 Pausen- und Bereitschaftsräume für alle Arbeitnehmer klar gekennzeichnet werden. Dafür bietet sich für Sehbehinderte eine visuell kontrastierende bzw. für blinde Menschen taktil erfassbare Kennzeichnung an.
Für Beschäftigte, die einen Rollstuhl benutzen müssen, ist nicht nur ein ausreichend breiter Zugang zu den Pausenräumen vorgeschrieben. Auch eine Mindestgröße der Bewegungsfläche von mindestens 1,50 m x 1,50 m muss der Arbeitgeber in seiner Arbeitsstätte vorweisen, um das Umsetzen vom Rollstuhl auf eine andere Sitzgelegenheit zu ermöglichen. Außerdem sind zusätzliche Flächen notwendig, um neben Rollstühlen weitere Gehhilfen wie Rollatoren abzustellen.
Darüber hinaus muss der Arbeitgeber nach ASR V3a.2 darauf achten, dass Arbeitnehmer mit Behinderung ggf. eine persönliche Assistenz, Assistenzhunde oder medizinische Hilfsmittel benötigen. Auch sie benötigen zusätzlichen Raum. Des Weiteren sollen Mobiliar und Nutzungsflächen in Pausenräumen bestenfalls unterfahrbar und Bedienelemente (z. B. Schalter, Zapfstellen, Griffe) für jeden erreichbar sein.
Für eine bessere Übersicht zeigt der nächste Abschnitt alle aktuellen Anhänge der ASR V3a.2.
Alle Anhänge der ASR V3a.2
Die folgende Tabelle enthält eine vollständige Auflistung aller Anhänge der ASR V3a.2. Sie konkretisieren die Anforderungen an die Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsstätten nach ASR V3.
Anhang zu ASR | Inhalt |
A1.2 | Raumabmessungen und Bewegungsflächen |
A1.3 | Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung |
A1.6 | Fenster, Oberlichter, lichtdurchlässige Wände |
A1.7 | Türen und Tore |
A1.8 | Verkehrswege |
A2.2 | Maßnahmen gegen Brände |
A2.3 | Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan |
A4.2 | Pausen- und Bereitschaftsräume |
A4.3 | Erste-Hilfe-Räume, Mittel und Einrichtungen zur Ersten Hilfe |
A4.4 | Unterkünfte |
A4 | Kantinen (ergänzende Anforderungen zu Anhang Nr. 4 der Arbeitsstättenverordnung) |
Wie Arbeitgeber die Vorgaben der ASR rechtssicher umsetzen, zeigt ihnen das Handbuch „Die neue Arbeitsstättenverordnung“. Mit Checklisten und Arbeitshilfen lassen sich die Anforderungen an die eigene Arbeitsstätte einfach erfüllen!
Quelle: baua.de