Neue TRGS 519: Änderungen zu Arbeiten mit Asbest und emissionsarmen Verfahren

05.06.2025 | T. Reddel/S. Horsch – Online-Redaktion, FORUM VERLAG HERKERT GMBH

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Am 28. Februar 2025 wurde eine überarbeitete Fassung der TRGS 519 „Asbest: Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten“ veröffentlicht. Die aktuelle Version berücksichtigt die geänderte Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und das neue Expositions-Risiko-Konzept. Was müssen Arbeitgeber und Arbeitsschutzverantwortliche jetzt beachten?

 

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist die TRGS 519?
  2. TRGS 519: Änderungen und Ergänzungen
  3. Arbeitsverfahren für Tätigkeiten mit Asbest
  4. Anwendungsbereich: Für wen gilt die Regel?
  5. Ist die TRGS 519 Pflicht?

Was ist die TRGS 519?

Die Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 519 bestimmt den Schutz von Beschäftigten und anderen Personen bei Tätigkeiten mit Asbest und asbesthaltigen Materialien im Rahmen von Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten (ASI-Arbeiten) sowie bei der Abfallbeseitigung. Die TRGS 519 konkretisiert die Anforderungen der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und gibt den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse wieder.

Die Regel wird vom Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) ermittelt und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im Gemeinsamen Ministerialblatt bekannt gegeben. Bei Einhaltung der TRGS 519 kann davon ausgegangen werden, dass die Anforderungen der GefStoffV erfüllt sind. Weicht der Arbeitgeber von den Regelungen ab, muss er mindestens gleichwertige Schutzmaßnahmen nachweisen und dies in der Gefährdungsbeurteilung dokumentieren.

Da die Mineralfaser krebserregend wirken kann, müssen Beschäftigte in diesem Bereich besondere Schutzmaßnahmen einhalten und Qualifikationen aufweisen. Hierfür konkretisiert die TRGS 519 die dazugehörigen Vorgaben der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV). Sie wurde vom Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) ermittelt und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im Gemeinsamen Ministerialblatt bekanntgegeben.

TRGS 519: Änderungen und Ergänzungen

Die letzte Änderung der TRGS 519 wurde am 28. Februar 2025 veröffentlicht. Sie betrifft ausschließlich die Anlage 9 („Exposition-Risiko-Matrix“) und hat vor allem Auswirkungen auf die Gefährdungsbeurteilung und die Festlegung von Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten an asbesthaltigen Putzen, Spachtelmassen, Fliesenklebern und vergleichbaren bauchemischen Produkten.

Das sind die wichtigsten Änderungen für Arbeitgeber und Arbeitsschutzverantwortliche:

Anpassung und Ergänzung von Arbeitsverfahren in der Exposition-Risiko-Matrix

Mehrere Arbeitsverfahren wurden in der Exposition-Risiko-Matrix überarbeitet oder ergänzt, insbesondere bei folgenden Tätigkeiten:

  • Setzen von Dosenlöchern:
    Neu aufgenommen wurde das Verfahren BT 60 (staubarmes Erstellen von Topflöchern/Dosensenken in asbesthaltigen Untergründen). Zuvor wurde hier auf das Stemmverfahren BT 32 verwiesen.
  • Entfernen asbesthaltiger Wand- und Deckenbekleidungen:
    Ergänzt um BT 53 (Strahlverfahren – GSA-Strahlverfahren) und BT 57 (Abfräsen sowie Entfernen von Fliesen und Wandbekleidungen). Vorher wurde auf andere, spezifischere Fräsverfahren verwiesen. 
  • Entfernen asbesthaltiger Kitte bei Glaserarbeiten:
    Neu ist das Verfahren BT 56 (Aushauen, Schneiden oder oszillierendes Werkzeug). Zuvor galt BT 42 (Aushauen und Schneiden mit und ohne Erwärmung).
  • Kernbohrungen:
    Ergänzt um BT 55 (Kernbohrungen in asbesthaltigen Fußbodenaufbauten mit spezieller Absaugvorrichtung). Vorher gab es Verweise auf BT 50 und BT 51 (Kernbohrungen durch Wände und Böden).

In der TRGS 519 neu aufgenommene Tätigkeit

Die Exposition-Risiko-Matrix wurde um eine neue Tätigkeit ergänzt:

  • Entfernen von Tapeten von asbesthaltigen Untergründen (lfd. Nr. 14):
    Hierfür wurde das Verfahren BT 54 (ENVIPRO-Verfahren) aufgenommen. Das Risiko wird als niedrig eingestuft. Für die verantwortliche Person im Betrieb ist die Sachkunde „niedriges Risiko“ (VP-Q1) erforderlich, für die Aufsichtführende Person Grundkenntnisse plus das Qualifikationsmodul Q1E.

Wichtig: Arbeitgeber müssen die TRGS 519 gemäß § 7 Abs. 2 GefStoffV berücksichtigen, sind aber nicht verpflichtet, sie wortwörtlich umzusetzen. Bei Beachtung kann jedoch die sogenannte gefahrstoffrechtliche Vermutungswirkung beansprucht werden. Dies wird in der Neufassung von 2025 ausdrücklich hervorgehoben.

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Arbeitsverfahren für Tätigkeiten mit Asbest 

Anlage 9 der TRGS 519 enthält Hilfestellungen zur Gefährdungsbeurteilung sowie zur Festlegung von Schutzmaßnahmen für Arbeiten an asbesthaltigen Produkten.

Konkret benennt die in der Anlage enthaltene Exposition-Risiko-Matrix u.a. folgende Arbeitsverfahren (2025 neu hinzugekommene Inhalte werden in Orange dargestellt):

Tätigkeit Arbeitsverfahren
Entfernen von asbesthaltigen Wand- und Deckenbekleidungen von festen mineralischen Untergründen 

BT 43 Entfernen asbesthaltiger Wandbekleidungen (z. B. Putze, Spachtelmassen) von festen mineralischen Untergründen (z. B. Beton) – ASUP-ENVIRO-Fräsverfahren für die Wand- und Randbearbeitung (inkl. Fensterlaibung)

BT 44 Entfernen asbesthaltiger Deckenbekleidungen (z. B. Putze, Spachtelmassen) von festen mineralischen Untergründen (Beton) – ASUP-ENVIRO-Fräsverfahren für die Decken- und Randbearbeitung

BT 53 Strahlverfahren – GSA-Strahlverfahren 
BT 57 Abfräsen sowie Entfernen von Fliesen und Wandbekleidungen

Entfernen von asbesthaltiger
Kitte bei Glaserarbeiten

BT 42 Ausbau von asbesthaltigem Kitt im Glasfalz durch Aushauen und Schneiden mit und ohne Erwärmung

BT 56 Aushauen, Schneiden oder oszillierendes Werkzeug

Schrauben und Gewindestangen lösen (inkl. kleinflächiger Entschichtungen)

BT 45 Lösen von Schrauben und Gewindestangen + kleinflächige Entschichtungen von Rohrleitungen und Anlagenteilen mit asbesthaltigem Farbanstrich bei Asbestgehalten bis 5 Prozent im Rohrleitungsnetz von Wasserversorgern

BT 26 Entfernen von asbest- bzw. PAK-haltiger Oberflächenversiegelungen und Anstrichstoffe von metallischen Oberflächen (Pasten-Verfahren)

BT 27 Abstrahlen von asbesthaltigen Anstrichstoffen und Beschichtungen von metallischen Oberflächen mit Vakuum-Saugstrahlverfahren

BT 36 Entschichten asbesthaltiger Oberflächenversiegelungen und Anstrichstoffe von metallischen Oberflächen (Nadel-Verfahren) unter Absaugung

BT 37 Lösen von geschraubten Verbindungsmitteln mit asbesthaltigen Oberflächenversiegelungen und Anstrichstoffen auf metallischen Oberflächen
(Schraub-Verfahren) mithilfe von Schlagschraubern im Freien

BT 38 Lösen von geschraubten Verbindungsmitteln mit asbesthaltigen Oberflächenversiegelungen und Anstrichstoffen auf metallischen Oberflächen
(Schraub-Verfahren) mittels Schlagschrauber unter Absaugung

Kernbohrungen

BT 50 Kernbohrungen mit 42 bis 125 mm Durchmesser durch Wände mit asbesthaltigen Wandbekleidungen

BT 51 Kernbohrungen mit 42 bis 125 mm Durchmesser durch Bodenplatten und Zwischendecken aus Beton mit asbesthaltigen Bodenaufbauten
BT 55 Kernbohrungen in asbesthaltigen Fußbodenaufbauten mit spezieller Absaugvorrichtung
Entfernen von Tapeten von asbesthaltigen Untergründen BT 54 (ENVIPRO-Verfahren) emissionsarmes Verfahren, bei dem nach vorheriger Eignungsprüfung die Tapete unter kontinuierlicher Absaugung und Anwendung von Tapetenlöser vorsichtig abgelöst wird, sodass eine Freisetzung von Asbestfasern weitgehend vermieden wird
Setzen von Dosenlöchern BT 60 staubarmes Erstellen von Topflöchern/Dosensenken in asbesthaltigen Untergründen

Alle Tätigkeiten unterliegen einem niedrigen Risiko nach TRGS 910. Die dazugehörigen Schutzmaßnahmen ergeben sich aus dem jeweiligen BT-Verfahren, also dem anerkannten emissionsarmen Verfahren nach GefStoffV Anhang II Nr. 1 Abs.1 Nr. 2, der in der DGUV Information 201-012 veröffentlicht wurde.

Außerdem sind diese Qualifikationen für die o. g. Tätigkeiten erforderlich:

Verantwortliche Person im Betrieb VP-Q1: Sachkunde „niedriges Risiko“ nach Anlage 4 Abschnitt C
Aufsichtführende Person vor Ort

AF-Q1E: Qualifikation zur Anwendung anerkannter emissionsarmer Verfahren
(Grundkenntnisse + Qualifikationsmodul Q1E nach Anlage 10)

Anwendungsbereich: Für wen gilt die Regel?

Die TRGS 519 wird herangezogen, wenn es darum geht, Schutzmaßnahmen für Beschäftigte festzulegen, die folgenden Tätigkeiten nachgehen:

  • Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten (ASI-Arbeiten) mit Asbest oder asbesthaltigen Materialien
  • Abfallbeseitigung mit Asbest
  • Tätigkeiten mit asbesthaltigen Putzen, Spachtelmassen, Fliesenklebern oder anderen bauchemischen Produkten mit vergleichbarem Asbestgehalt 

Überall dort, wo die Beschäftigten mit dem Gefahrstoff in Kontakt kommen können, sind besondere Schutzmaßnahmen erforderlich, wie sie in der TRGS 519 beschrieben sind. Dennoch hat auch die Technische Regel einen begrenzten Geltungsbereich.

So gilt die TRGS nicht für:

  • Tätigkeiten mit Rohstoffen, die potenziell asbesthaltig und mineralisch sind, sowie Arbeiten mit Gemischen aus diesen Stoffen.
    → Nähere Informationen: TRGS 517 
  • Arbeiten mit anderen Faserstäuben
    → Z. B. für Tätigkeiten mit Mineralwolle: TRGS 521

Ist die TRGS 519 Pflicht?

Die TRGS 519 erläutert die Anforderungen der GefStoffV zu Arbeiten mit Asbest. Daher können Arbeitgeber davon ausgehen, dass sie die Vorgaben der Verordnung erfüllen, wenn sie die Regelungen der TRGS einhalten. Arbeitgeber können auch eine andere Lösung zum Schutz ihrer Beschäftigten vor Gefahrstoffen wählen. In diesem Fall müssen sie jedoch beweisen können, dass sie mit ihrer Lösung die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz erreichen.

Zwar wird eine TRGS erst dann rechtlich verpflichtend, wenn in der GefStoffV ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Regel zur Anwendung kommen muss. Allerdings sind Arbeitgeber generell dazu verpflichtet, im Rahmen ihrer Gefährdungsbeurteilung die Gefährdungen festzustellen, denen Beschäftigte bei Tätigkeiten mit Asbest oder Staub von asbesthaltigen Materialien ausgesetzt sind. Ist das der Fall, müssen sie die Tätigkeiten mindestens sieben Tage vor Beginn bei der zuständigen Behörde melden. Außerdem müssen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter bzgl. des Umgangs mit Gefahrstoffen und der Arbeit mit Asbest vorsorglich unterweisen.

Worauf Arbeitgeber bei ihrer Gefährdungsbeurteilung zu Asbest achten müssen und welche Schutzmaßnahmen notwendig sind, zeigt das Praxishandbuch „Die Gefahrstoffverordnung“. Es enthält praktische Arbeitshilfen zur Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen und unterstützt Arbeitgeber dabei, sicher mit Gefahrstoffen am Arbeitsplatz umzugehen. 

Produktempfehlung:

Gehen Sie beim Umgang mit Gefahrstoffen kein Risiko ein und erfüllen Sie die gesetzlichen Anforderungen mit dem Handbuch „Die Gefahrstoffverordnung“!

Quellen: GMBI (vom 04.06.2025)Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), IHK Südlicher Oberrhein

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