Was ist Schulentwicklung? – Definition, Bereiche und Beispiele

24.08.2022 | T. Reddel – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH

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Egal ob Digitalisierung, Integration oder Nachhaltigkeit – die aktuellen Themen unserer Gesellschaft verändern sich stetig und so auch das Wissen, dass Kinder und Jugendliche in der Schule vermittelt bekommen sollten. Doch dafür reicht es nicht, Lehrpläne anzupassen oder eine Projektwoche im Schuljahr unterzubringen. Vielmehr sollten Schulleitungen eine ganzheitliche Weiterentwicklung in allen schulischen Bereichen vorantreiben. Aber worauf kommt es bei einer bedarfsgerechten Schulentwicklung an und welche Bereiche sind davon betroffen?

Inhaltsverzeichnis

  1. Definition: Was ist Schulentwicklung?
  2. Themen und Bereiche: Was gehört alles zur Schulentwicklung?
  3. Ideen und Beispiele für Schulentwicklung
  4. Schulentwicklung in der Ganztagsschule
  5. Warum ist Schulentwicklung wichtig?

Definition: Was ist Schulentwicklung?

Unter dem Begriff „Schulentwicklung“ versteht man einen Prozess, mit dem sich eine Schule systematisch und zielgerichtet in verschiedenen Bereichen weiterentwickeln möchte. Dabei soll die Qualität der Schule in ihrer Gesamtheit gesteigert werden, was wiederum von verschiedenen Teilbereichen abhängt.

Zunächst sollte die Schulleitung zusammen mit anderen Verantwortlichen eine Bestandsaufnahme machen und eine Bedarfsanalyse durchführen. Auf deren Basis sollte ein entsprechendes Konzept entworfen werden. Dabei sollten von der Konzepterstellung über die Umsetzung bis zur Evaluation möglichst alle Gruppen und Personen einbezogen werden, die die Schule besuchen oder dort arbeiten (Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, andere pädagogische Fachkräfte etc.). Außerdem können die Schulen staatliche Unterstützung beantragen, um ihre Schulentwicklung voranzutreiben.

Allerdings benötigt es meist einiges an Zeit, um die Wirksamkeit der beschlossenen Maßnahmen untersuchen zu können. Daher ist Schulentwicklung stets langfristig angelegt.

Arten der Schulentwicklung

Bisher gibt es keine allgemeingültige Definition zur Unterteilung der Schulentwicklung. Eine weit verbreitete Einschätzung ist die des Erziehungswissenschaftlers Hans-Günter Rolff.

Er nennt drei Arten der Schulentwicklung:

Art Definition
Schulentwicklung 1. Ordnung Alltägliche Schulentwicklung: Bewusste und systematische Weiterentwicklung einzelner Schulen.

Schulentwicklung 2. Ordnung

Institutionelle Schulentwicklung: Prozess, bei dem sich die Einrichtung als lernende Schule entwickeln soll (selbst organisieren, steuern und reflektieren).
Schulentwicklung 3. Ordnung Komplexe Schulentwicklung: Rahmenbedingungen schaffen, durch die einzelne Schulen Unterstützung bei ihrer Entwicklung erhalten, sich selbst koordinieren, ein Evaluations-System aufbauen und auf Distanz korrigiert werden.

Andere Ansätze unterteilen die Schulentwicklung in drei Ebenen:

  • Ebene der Ministerien bzw. Schulaufsicht (Makroebene)
  • Ebene der Bildungsregionen (Intermediale Ebene)
  • Ebene der Einzelschule und individueller Netzwerke (Mesoebene)

In diesem Modell beeinflussen die Entscheidungen auf Makroebene auch immer die beiden anderen Ebenen bzw. werden von ihnen umgesetzt. Das soll einer Entstaatlichung des Schulwesens dienen.

Doch welche konkreten Themen sollte die Schulentwicklung behandeln?

Was gehört alles zur Schulentwicklung? – Themen und Bereiche

Es gibt verschiedene Auslegungen, welche Bereiche zur Schulentwicklung gehören. So beschreibt beispielsweise das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus drei Aufgabenfelder, die für die Schulentwicklung wichtig sind.

Hierzu gehört:

  • Verbesserung der schulorganisatorischen Abläufe
  • Verbesserung des Schulklimas
  • Konkrete Verbesserung des Unterrichts

Der Erziehungswissenschaftler Hans-Günter Rolff gibt folgende Themen vor, die im Rahmen der Schulentwicklung behandelt werden sollten:

  • Personalentwicklung
  • Teamentwicklung
  • Unterrichtsentwicklung
  • Organisationsentwicklung
  • Leitbild und Schulprogramm
  • Institutionelles Lernen
  • Pädagogische Psychologie
  • Projektmanagement

Im Folgenden gehen wir auf einige der wichtigsten Teilbereiche der Schulentwicklung näher ein.

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Der Begriff Schulentwicklung umfasst eine Vielzahl verschiedener Bereiche und erfordert eine entsprechend sorgfältige Planung. (Bild: © Seventyfour – stock.adobe.com)

Unterrichtsentwicklung

Für eine ausgeklügelte Unterrichtsentwicklung sollten sich Schulleitung und Lehrkräfte zuerst überlegen, welches Thema bzw. welchen Bereich des Unterrichts sie weiterentwickeln möchten und welche Ziele sie damit erreichen wollen. 

Als Schwerpunkt der Unterrichtsentwicklung kommen insbesondere folgende Themen in Frage:

  • Unterrichtsziele
  • Arbeitsformen und Lehrmethoden
  • Zeitlicher Rhythmus des Unterrichts
  • Soziale Architektur der Klasse
  • Raumausstattung des Klassenzimmers

Anhand welcher Kriterien Schulleitungen und Lehrkräfte die Weiterentwicklung des Unterrichts einschätzen können, zeigt der Beitrag „Was ist guter Unterricht? – 10 Merkmale“. Für eine ganzheitliche Schulentwicklung sollte der Unterricht im Klassenzimmer mit passenden Zusatzangeboten ergänzt werden. Hierzu eignen sich z. B. Schulprojekte zu verschiedenen Themen wie Umwelterziehung oder das Einbeziehen außerschulischer Lernorte

Digitalisierung

Da die Schulentwicklung aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen auf den Schulalltag übertragen soll, ist auch das Thema Digitalisierung essenzieller Bestandteil der Weiterentwicklung. Kinder und Jugendliche lernen immer früher, mit digitalen Medien und sozialen Netzwerken umzugehen. Beides bietet auch für die Schulentwicklung einige Potenziale.

Allerdings müssen sich die Lehrkräfte hierfür zunächst entsprechende digitale Kompetenzen aneignen. Damit stellen sie sicher, dass sie dem digitalen Wandel im eigenen Unterricht gerecht werden und ihn zeitgemäß gestalten können. Zudem sollten sie sich umfassend über den fachgerechten Einsatz digitaler Medien im Unterricht informieren.

Inklusive Schulentwicklung

Das Thema Inklusion spielt nicht nur im gesellschaftlichen Zusammenleben eine wichtige Rolle, es ist auch essenzieller Bestandteil der Schulentwicklung. Sowohl Schülerinnen und Schüler mit besonderem Förderbedarf als auch solche mit besonderen Begabungen benötigen Unterstützung in der Schule, um ihre Stärken und Talente entwickeln zu können.

→ Welche Anforderungen eine erfolgreiche Inklusion in der Schule mit sich bringt, zeigt der Beitrag „Inklusion: Das sind die Rahmenbedingungen für gelungene Inklusion in der Schule“.

Interkulturelle Schulentwicklung

Die Schule gilt als Ort der kulturellen Begegnung, daher sollte auch die Schulentwicklung diesen Bereich aufgreifen. Dabei sollten die bereits genutzten Methoden und Prinzipien der Schule anhand interkultureller Kriterien geprüft werden. Hierzu gehört z. B. das Vermeiden eventueller Ungleichbehandlungen aufgrund der Herkunft oder das Berücksichtigen der Muttersprache von ausländischen Kindern und Jugendlichen.

Zudem sollte der Unterricht nicht nur um entsprechende Unterrichtsinhalte erweitert werden. Vielmehr sollten bei der Erarbeitung der Unterrichtsinhalte aller Fächer unterschiedliche kulturelle Perspektiven einbezogen werden.

→ Wie Schulleitungen und Lehrkräfte ihre Einrichtung unter interkulturellen Gesichtspunkten weiterentwickeln, erläutert der Beitrag „Interkulturelle Pädagogik: Methoden und Konzepte des interkulturellen Lernens in Schule und Kindergarten“.

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Für eine erfolgreiche interkulturelle Schulentwicklung sollten sich Schulen und Lehrhrkäfte fächerübergreifend zusammensetzen und gemeinsame Unterrichtsinhalte festlegen. (Bild: © Rawpixel.com – stock.adobe.com)

Ideen und Beispiele für Schulentwicklung

Schulentwicklung ist ein facettenreicher Begriff, der auf viele Bereiche übertragen werden kann. Daher finden Schulleitungen und Lehrkräfte im Folgenden einige Ideen und Beispiele, wie sie die Schulentwicklung für ihre Einrichtung nutzen können.

Bereich der Schulentwicklung Beispiele
Organisationsentwicklung
  • Das Schulprofil anpassen und ein entsprechendes Schulprogramm entwickeln.
  • Eine Steuergruppe bilden, die den Schulentwicklungsprozess leitet und überwacht.
  • Partizipationsmöglichkeiten für Lehrkräfte einrichten, um sich an Entscheidungsprozessen zu beteiligen.
  • Zusammenarbeit mit Eltern und Erziehungsberechtigten ausbauen (Elternarbeit).
Unterrichtsentwicklung
  • Fächerintegration vorantreiben.
  • Eine Schülerinnen- und Schüler-Orientierung einrichten.
  • Klassenzimmer kindgerecht gestalten und ausstatten.
  • Unterschiedliche Lehrmethoden und Sozialformen nutzen.
Personalentwicklung
  • Interne Fortbildungen veranstalten.
  • Gegenseitige Unterrichtsbesuche organisieren und kollegiale Supervision anbieten.
  • Netzwerke bilden, um sich mit Fachkolleginnen und -kollegen aus anderen Schulen auszutauschen.

Diese Beispiele stammen großteils aus der „Handreichung Schulentwicklung“ der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ). Darüber hinaus hat jede Schule je nach Ausrichtung und Schulform noch weitere Möglichkeiten, ihre Schulentwicklung voranzutreiben.

Schulentwicklung in der Ganztagsschule

Schulentwicklung lässt sich sowohl in Halbtags- als auch in Ganztagsschulen einsetzen. Letztere bieten teils sogar noch größeres Potenzial, die Weiterentwicklung einer Schule voranzutreiben. Der Hauptgrund hierfür ist ein simpler Faktor: Zeit.

Da sich die Kinder und Jugendlichen in einer Ganztagsschule länger aufhalten, haben die pädagogischen Fachkräfte mehr Zeit für Zusatzangebote und Freizeitaktivitäten außerhalb des Unterrichts, z. B. an außerschulischen Lernorten. Außerdem bleibt mehr Raum für selbstständiges Lernen und eine individuelle Förderung. Gleichzeitig können die Heranwachsenden ihre sozialen Kompetenzen stärker ausbauen, da sie mehr Zeit mit Gleichaltrigen verbringen. All dies ist in einer Halbtagsschule mit engen Lehrplänen oftmals schwieriger umzusetzen.

Wie sollten Halbtagsschulen vorgehen, wenn sie ebenfalls die Vorteile des Ganztagsmodells für ihre Schulentwicklung nutzen wollen? Häufig können sie nicht kurzfristig in vollem Umfang zu einer Ganztagsschule wechseln. Allerdings gibt es offene bzw. teilgebundene Modelle sowie die Möglichkeit, ein ganztägiges Format punktuell zu erproben.

Hilfreiche Best-Practice-Beispiele und Vorlagen zur Finanzierung eines solchen Modells bietet der „Praxisratgeber Ganztagsschule“. Er unterstützt Schulleitungen und Träger dabei, ein passendes Ganztagskonzept zu finden, planen und umzusetzen – für eine effektive Schulentwicklung.

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Warum ist Schulentwicklung wichtig?

Unsere Gesellschaft durchläuft ständige und vielfältige soziale Entwicklungen. So beeinflusst u. a. die Digitalisierung die Art und Weise, wie Kinder und Jugendliche lernen, was letztlich auch das Schulwesen verändert. Um diesen neuen Bildungsanforderungen gerecht zu werden, muss sich die Schule kontinuierlich wandeln – in Form der eigenen Schulentwicklung.

Hinzukommt, dass die Schule den Auftrag hat, die Kinder und Jugendlichen auf die Arbeitswelt und das Erwachsenenleben vorzubereiten. Daher sollte z. B. auch die Schulsozialarbeit Bestandteil der Schulentwicklung sein: Sie bietet zusätzliche Fördermöglichkeiten, etwa für verhaltensauffällige Schülerinnen und Schüler, was dem Ansatz der Schulentwicklung einer ganzheitlichen Weiterentwicklung entspricht.

Quellen: Praxishandbuch „Schulsozialarbeit“, „Praxisratgeber Ganztagsschule“, Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und KultusInstitut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW)