Neo-Ökologie kommt auch in der Kreislaufwirtschaft an
10.02.2023 | J. Morelli – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH
Nicht erst Ressourcenknappheit, Energiekrise und Lieferengpässe haben zu einem Umdenken bei Herstellern und Verbrauchern gesorgt. Denn bereits seit etlichen Jahren ist klimagerechtes Bauen, Baustoffrecycling und energieeffizientes Bauen viel genutzte Praxis. Dennoch haben die Ereignisse der letzten Jahre bestimmte Einflussfaktoren noch verstärkt. Ein wirksamer Ansatz, um gegen derartige Herausforderungen vorzugehen, ist das Prinzip der Neo-Ökologie, das eine ressourceneffiziente und nachhaltige Wirtschaft zum Ziel hat. Aber ist das Konzept wirklich neu? Und welchen Mehrwert könnte es für die Baubranche mit sich bringen?
Inhaltsverzeichnis
- Neo-Ökologie und Klimaanpassung
- Was bringt Neo-Ökologie dem Bauwesen?
- Was ist neu an der Neo-Ökologie
- Verknüpfung von Klimaanpassung und Gebäudeautomation im Bestand
- Neo-Ökologie ganz wörtlich: Fassaden-, Dach- und Wandbegrünungen
Neo-Ökologie und Klimaanpassung
Der Begriff der Neo-Ökologie wurde die letzten Jahren unter dem Banner „Grün Konsumieren" von Endverbrauchern vorangetragen, aber bereits vor 15 Jahren durch das Zukunftsinstitut eingeführt. Er beschreibt eine Kombination aus Ökologie und Ökonomie und verbindet damit Nachhaltigkeit und Konsum. Mittlerweile hat sich daraus aber bereits „Grün-Produzieren“ entwickelt. Denn klar wurde, dass die Güterkette zwar beim Endverbraucher aufhört, aber bereits im Beginn großes „grünes" Potenzial schlummert.
Spannend wird die Frage dann, wenn abseits von Floskeln, Idealen und Ideologien versucht wird, das Prinzip der Neo-Ökologie in Produktions- und Arbeitsabläufe der Baubranche einfließen zu lassen. Gute Beispiele hierfür wären: Upcycling, Recycling und Stoffkreisläufe (Circular Economy). Denn auch hier werden Bauelemente und Baustoffe produziert, vertrieben und vom Endverbraucher verwendet.
Was bringt Neo-Ökologie dem Bauwesen?
Vorweg gibt es einige Schlagwörter, die im Kontext der Neo-Ökologie öfters fallen: Energieeffizienz, Klimaschutz, Nachhaltigkeit und ressourcensparend. All diesen Anforderungen an „Grüne Produkte“ kann im Einzelhandel durch die Aufschrift „Bio" nachgekommen werden.
So einfach ist die Situation im Bausektor jedoch nicht, obwohl auch hier von einem (neo-)ökologischen Trend gesprochen werden kann, wenn der Blick über die mittlerweile große Auswahl an klimagerechten, nachhaltigen, recycelten oder energieeffizienten Baustoffe streift. Auch, dass in den letzten Jahren vermehrt eine klimabewusste 360-Grad-Herangehensweise in den Fokus rückte, ist teils sicherlich dem „Megatrend Neo-Ökologie“ zuzuschreiben.
Denn wer die Bedürfnisse der eigenen Kunden nicht ausreichend befriedigt, verliert zusehend an Boden – im Gegensatz zur Konkurrenz, die bereits ressourcensparender, umweltschonender und energieeffizient agiert. Das an sich zeigt bereits ein Umdenken (auch in der Baubranche) dahingehend, dass Nachhaltigkeit, Klimaanpassung und Energieeffizienz Wettbewerbsmerkmale sind.
Was ist neu an der Neo-Ökologie?
Hier scheiden sich zwar etwas die Geister, aber grundsätzlich könnte das „Neo" mit kostensparend oder (energie-)effizient ersetzt werden. D. h. anders als zum bisherigen ökologischen Wirtschaften, mit Fokus auf den Ausgangsmaterialen und Endprodukten, liegt jetzt gleichzeitig der Fokus auf den Produktions-, Versorgungs- und Vertriebsketten. Im Bausektor ist diese Herangehensweise aber keineswegs neu, sondern wird im Rahmen der Circular Economy bereits seit Jahren forciert. Dabei stehen regenerative Ressourcennutzung und geschlossene Stoffkreisläufe im Fokus. So werden Rohstoffe zu Baustoffen, aber anstelle von Abfallprodukten am Ende des Lebenszyklus werden die Baustoffe in der Gänze, oder alternativ in ihre Bestandteile zerlegt, wiederverwendet.
…der glokale Aspekt
Nein hierbei handelt es sich nicht um einen Rechtschreibfehler, sondern um eine Wortneuschöpfung des Soziologen Roland Robertson, der die sozioökonomischen Auswirkungen globaler Effekte auf regionale Gesellschaften beschreibt. Im Kontext der Neo-Ökologie hingegen steht der Begriff für globales Denken im Zusammenspiel mit lokalem Handeln.
Ganz nach dem Prinzip des „Lass den Click in deiner Stadt“ sollten Hersteller soweit möglich – und falls sie dies nicht bereits tun – auf regionale Anbieter zurückgreifen. Dabei darf selbstverständlich die Wirtschaftlichkeit nicht in Vergessenheit geraten und es sollte eine umfassende Kostenabwägung stattfinden.
Verknüpfung von Klimaanpassung und Gebäudeautomation im Bestand
Heutzutage ist es entscheidend, Neubauten auf die künftigen thermischen und statischen Herausforderungen des Klimawandels vorzubereiten. Dies wird im Rahmen unterschiedlicher Klimaanpassungsmaßnahmen (natürliche Dämmstoffe, etc.) bei Neubauten bereits betrieben. Auch im Bestand finden immer mehr klimagerechten Sanierungsmaßen statt. Dabei wird gezielt auf regenerative Haustechnik, Eigenstromerzeugung, Wärmerückgewinnung und Gebäudeautomation geachtet.
Neo-Ökologie ganz wörtlich: Fassaden-, Dach- und Wandbegrünungen
Per Definition ist Ökologie die Wissenschaft der Beziehungen von Lebewesen miteinander und mit ihrer Umwelt – daran ändert das Neo, wie bereits angesprochen, nichts. Neu sind in diesem konkreten Fall die unterschiedlichen Anwendungen einer Gebäudebegrünung, bzw. der Ausbau einer solchen. Schon flächenmäßig kleine Areale können dabei einen großen ökologischen Mehrwert aufweisen – ganz abgesehen von deren positiven energetischen Eigenschaften.
So können durch nur einen Quadratmeter Dachbegrünung folgende Messwerte erreicht werden:
- Wasserrückhalt von 30 Liter
- Senkung der Lufttemperatur um 1,5 Grad
- Aufnahme von 800g CO2 pro Jahr und Bildung von Wasser und Sauerstoff
- Erhöhter Wärmedurchlasswiderstand
- Feinstaubbindung von 10 Gramm pro Jahr
- Verdunstung von 2 l am Tag
- Abflussminderung und somit direkter Überflutungsschutz
- Erhöhung der Artenvielfalt (gezielt in Urbanen Räumen)
Bei Gebäudebegrünungen wird auch von ökologischen (Teil-)Ausgleichsflächen gesprochen. Auf solchen horizontalen (Dachbegrünungen) oder vertikalen (Fassadenbegrünungen) Kleinbiotopen lassen sich durch zusätzliche Substratanhügelungen, Totholz, Steingut, Sandlinsen und ggf. kleine Wasserflächen die Artenvielfalt einheimischer Insekten stark erhöhen (Biodiversitätsgründächer).
→ Aber auch eine Kombination aus Photovoltaikanlage und Dachbegrünung ist möglich, bzw. sogar rentabel. Denn durch die natürliche Verdunstungskühlung des Dachgrüns kann die Effektivität der PV-Anlage erhöht werden.
Welche weitere positive Wirkungen Gebäudebegrünungen auf die Gebäudeenergiebilanz haben und wie Bauwerke nicht zuletzt durch diese auf die klimatischen Herausforderungen der nächsten Jahre vorbereitet werden können, finden Sie in „Klimaanpassung an Gebäuden, Freiflächen sowie in der Stadt- und Landschaftsplanung“.
Quellen: „Klimaanpassung an Gebäuden, Freiflächen sowie in der Stadt- und Landschaftsplanung“, Der Megatrend Neo-Ökologie (zukunftsinstitut.de), Neo-Ökologie: Nachhaltigkeit neu gedacht | imm cologne Magazin | imm cologne (imm-cologne.de)