Expertenstandard „Sturzprophylaxe in der Pflege“: Zusammenfassung zu Aktualisierung, Maßnahmen und Zielen
16.05.2024 | T. Reddel – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH
Anfang Oktober 2022 erschien die zweite Neufassung des Expertenstandards Sturzprophylaxe. Sie enthält u. a. Vorgaben zur Umstrukturierung und Ergänzung der bisherigen Standardkriterien sowie eine Ausweitung der geeigneten Schutzmaßnahmen. Auf welche Änderungen müssen sich Pflegefachkräfte und Pflegeeinrichtungen jetzt einstellen?
Inhaltsverzeichnis
- Was ist der Expertenstandard Sturzprophylaxe? – Definition
- Expertenstandard Sturzprophylaxe 2022: 2. Aktualisierung
- Aufbau: Was steht im Expertenstandard Sturz?
- Expertenstandard Sturzprophylaxe: Ziele
Was ist der Expertenstandard Sturzprophylaxe? – Definition
Der Expertenstandard „Sturzprophylaxe in der Pflege“ (auch „Expertenstandard Sturz“) beschreibt das fachgerechte Sturzmanagement für Pflegeeinrichtungen und Pflegefachkräfte. Damit soll das Sturzrisiko von Pflegebedürftigen ermittelt und Stürze vermieden werden. Hierfür nennt der Expertenstandard u. a. verschiedene Sturzrisikofaktoren.
Als Verfasser des Standards gilt das Deutsche Netzwerk für Qualität in der Pflege (DNQP) sowie das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA). Die Inhalte richten sich sowohl an Einrichtungen als auch an Pflegekräfte aller Bereiche (ambulante, teilstationäre und stationäre Pflege). Dabei unterscheidet der Standard nicht zwischen studierten und nichtstudierten Pflegefachkräften. Vielmehr sollen die Fachkräfte eine mindestens dreijährige Ausbildung durchlaufen haben.
Die Ziele und Maßnahmen des Expertenstandard Sturzprophylaxe richten sich an alle Menschen, die kurz- oder langfristig Unterstützung von beruflichen Pflegekräfte benötigen.
Expertenstandard Sturzprophylaxe: 2. Aktualisierung
Bereits im Oktober 2021 begann die 2. Aktualisierung des Expertenstandards. Damals wurden einige Inhalte der vorherigen Fassung geändert und aktualisiert.
Anschließend veröffentlichte das DNQP am 07.04.2022 die Konsultationsfassung. So konnten Fachkolleginnen und -kollegen aus der Branche schriftliche Rückmeldungen oder Stellungnahmen abgeben, um sich an der Überarbeitung zu beteiligen. Die Konsultationsphase des neuen Entwurfs lief bis zum 27.05.2022.
Danach prüften und diskutierten das DNQP sowie Mitglieder der Expertenarbeitsgruppe die eingegangen Rückmeldungen. Die dazugehörige Bearbeitungsphase wurde Anfang Oktober 2022 abgeschlossen, sodass die finale Neufassung des Expertenstandard Sturzprophylaxe in der ersten Oktoberwoche veröffentlicht wurde. Nun kann die Implementierung in den Einrichtungen vor Ort beginnen.
Aber mit welchen inhaltlichen Änderungen müssen Pflegekräfte und Pflegeeinrichtungen künftig rechnen?
Letzte Änderungen 2022
Grundsätzlich wird jeder Pflege- oder Expertenstandard bei einer Aktualisierung an die aktuellen Entwicklungen und an neue fachliche Erkenntnisse angepasst – so auch beim Expertenstandard Sturzprophylaxe.
Bereich | Änderung |
Präambel | Neu genannte mögliche Konsequenz nach einem Sturz: Zunehmende Beeinträchtigung der Mobilität. |
Zielgruppe | In der ersten Aktualisierung waren als Zielgruppe lediglich Personen in „pflegerischer Betreuung“ benannt. Nun definiert der Expertenstandard alle Personen, die kurz- oder langfristig Unterstützung durch beruflich Pflegende benötigen. |
Standardkriterien | Es gibt nur noch fünf anstatt bisher sechs Ebenen von Standardkriterien zur Sturzprophylaxe.
→ Weitere Änderungen der Ebenen zur Vorgängerversion zeigt dieser Abschnitt. |
Maßnahmen | Betonung darauf, dass die Maßnahmen der Pflegekräfte nicht die Bewegungsfreiheit der Betroffenen einschränken sollen. |
Die 2. Aktualisierung macht deutlich, dass die Pflegeeinrichtungen künftig z. B. deutlich mehr in die räumliche und technische Ausstattung investieren müssen, um Stürze zu vermeiden. Außerdem wird das Vorgehen zur Einschätzung eines Sturzrisikos und zur Evaluation der Maßnahmen konkretisiert.
Um sich auf die nun anstehende Implementierung des Expertenstandards vorzubereiten, gibt es passende Arbeitshilfen und Fachliteratur.
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Wie viele Fassungen des Expertenstandard Sturzprophylaxe gibt es?
Bisher gibt es drei Fassungen des Expertenstandard Sturzprophylaxe. Die Originalfassung erschien im Februar 2006, während nach einer Implementierung die 1. Aktualisierung im Januar 2013 veröffentlicht wurde. Mit der 2. Aktualisierung vom Oktober 2022 tritt die insgesamt dritte Fassung des Expertenstandards in Kraft.
Aufbau: Was steht im Expertenstandard Sturz?
Der neue Expertenstandard Sturzprophylaxe von 2022 soll in fünf Ebenen eingeteilt werden. Sie beschreiben verschiedene Standardkriterien zur Sturzprophylaxe (Strukturqualität), wie sie umgesetzt werden (Prozessqualität) und welches Ergebnis erzielt werden soll (Ergebnisqualität).
Die folgende Übersicht zeigt die kommenden Anforderungen an Pflegekräfte und Einrichtungsleitungen.
Ebene 1: Einschätzung des Sturzrisikos
Struktur |
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Prozess |
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Ergebnis |
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Ebene 2: Intervention der Einrichtung
Struktur |
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Prozess |
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Ergebnis |
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Ebene 3: Beratung, Schulung und Information
Struktur |
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Prozess |
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Ergebnis |
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Ebene 4: Umsetzung der Interventionen
Struktur |
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Prozess |
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Ergebnis |
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Ebene 5: Auswertung und Analyse
Struktur |
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Prozess |
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Ergebnis |
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Des Weiteren beschreibt der Expertenstandard Sturzrisikofaktoren, die Pflegefachkräfte kennen müssen, um das akute Sturzrisiko einschätzen zu können.
Welche Sturzrisikofaktoren nennt der Expertenstandard?
Mithilfe eines Screenings sollen Pflegekräfte prüfen, ob ein Sturzrisiko vorliegt. Hierfür sind insbesondere folgende Faktoren entscheidend:
- Sturz- und Frakturvorgeschichte
- Sturzangst
- Mobilitätsbeeinträchtigung (Kraft, Balance, Ausdauer, Beweglichkeit)
- Kognitive Beeinträchtigungen
Darüber hinaus definiert der Expertenstandard Sturzprophylaxe folgende Sturzrisikofaktoren:
Art von Sturzrisikofaktoren | Beispiele |
Personenbezogene Sturzrisikofaktoren |
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Medikationsbezogene Sturzrisikofaktoren |
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Umweltbezogene Sturzrisikofaktoren |
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Zusätzlich sollen in der Neufassung einige Prüffragen eingearbeitet werden, die ebenfalls der Beurteilung des Sturzrisikos dienen.
Welche Form des Assessment wird vom Expertenstandard Sturzprophylaxe empfohlen?
Generell soll das Assessment als Teil der Pflegeanamnese durchgeführt werden. Allerdings betont der Expertenstandard, dass das Assessment keinesfalls als einfache Checkliste zu verstehen ist, die die Pflegekräfte abhaken dürfen. Stattdessen sollen sie alle eventuellen Sturzrisikofaktoren genau identifizieren und in ihrer Ausprägung beurteilen (siehe Tabelle oben).
Bei allen Maßnahmen gilt: Pflegekräfte sollten keine freiheitsentziehenden Maßnahmen anwenden. Außerdem betont der Expertenstandard, dass die Bewegungsfreiheit der Betroffenen nicht eingeschränkt werden darf. Darüber hinaus sollten alle Maßnahmen gemeinsam mit den Angehörigen getroffen werden.
Expertenstandard Sturzprophylaxe: Ziele
Generell verfolgt der Expertenstandard Sturzprophylaxe das Ziel, Pflegefachkräfte und ihre Einrichtungen bei der Sturzprävention und der Minimierung von Sturzfolgen zu unterstützen. So sollen alle pflegebedürftigen Personen mit erhöhtem Sturzrisiko eine Sturzprophylaxe erhalten, die Stürze verhindert bzw. Sturzfolgen minimiert. Das ist wichtig, da Stürze insbesondere für ältere und kranke Menschen ein hohes Risiko darstellen.
Um diese Ziele zu erreichen, sind sowohl die Pflegekräfte als auch die Pflegeeinrichtungen gefragt: Während die Verwaltung für entsprechende Fortbildungen, Umgebungsanpassungen und andere notwendige Strukturen sorgen muss, haben sich die Pflegekräfte das erforderliche Fachwissen anzueignen.
Quellen: „Pflege- und Expertenstandards auf CD-ROM“, Deutsches Netzwerk für Qualität in der Pflege (DNQP)