Bewegungsübungen für Senioren im Sitzen, Stehen und im Bett

24.11.2024 | T. Reddel – Online-Redaktion, FORUM VERLAG HERKERT GMBH

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Bewegungsübungen für Senioren und Seniorinnen sind ein wesentlicher Bestandteil der Gesundheitsförderung im Alter. Sie tragen nicht nur zur Erhaltung der körperlichen Fitness bei, sondern können auch der Entstehung von Krankheiten vorbeugen und das allgemeine Wohlbefinden fördern. Daher sollten solche Gymnastikübungen fester Bestandteil eines jeden Pflegekonzepts sein. Dieser Beitrag zeigt beispielhaft, welche Bewegungsübungen für Senioren und Seniorinnen geeignet sind.

Inhaltsverzeichnis

  1. Warum sind Bewegungsübungen für Senioren und Seniorinnen wichtig?
  2. Wann sollte Seniorengymnastik durchgeführt werden?
  3. Beispielhafte Bewegungsübungen für Senioren im Bett
  4. Bewegungsübungen im Sitzen
  5. Bewegungsübungen für Senioren im Stehen

Unterschied Mobilisation und Transfer

Mobilisation bezieht sich auf Übungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung der allgemeinen Beweglichkeit. Im Gegensatz dazu umfasst Transfer den sicheren Wechsel von einer Position in eine andere, wie etwa das Aufstehen aus einem Stuhl oder das Hinlegen in ein Bett.

Warum sind Bewegungsübungen für Senioren und Seniorinnen wichtig?

Es ist allgemein bekannt, dass die Beweglichkeit mit zunehmendem Alter nachlässt. Dabei ist Bewegung ein menschliches Grundbedürfnis. Zwar ist es individuell unterschiedlich ausgeprägt, vermittelt jedoch ein Gefühl von Unabhängigkeit und Freiheit und unterstreicht so die Individualität eines Menschen. Daher sollte die professionelle Altenpflege regelmäßige Bewegungsübungen für Senioren und Seniorinnen beinhalten.

Denn ein ausreichendes Maß an Mobilisationsübungen bewirkt unter anderem folgende positive Effekte:

  • Erhalt/Förderung der allgemeinen Beweglichkeit und Mobilität (Muskelkraft, Gleichgewicht, Flexibilität)
  • Verminderung von Beschwerden wie Thrombosen, Muskel- und Gelenkschmerzen
  • Schmerzlinderndes/schmerzfreies Gehen
  • Sturzprophylaxe
  • Größtmögliche Selbständigkeit
  • Gesteigerte Leistungsfähigkeit
  • Erhöhtes Selbstwertgefühl

All diese Vorteile können die Lebensqualität verbessern, weshalb sich insbesondere Pflegekräfte und andere Betreuungspersonen über geeignete Bewegungsübungen für Senioren und Seniorinnen informieren sollten.

Wann sollte Seniorengymnastik durchgeführt werden?

Auch wenn Seniorengymnastik nicht jederzeit und von jeder Person durchgeführt werden kann, so gibt es dennoch bestimmte Rahmenbedingungen, in denen Bewegungsübungen besonders empfehlenswert sind, wie etwa:

  • Nach Operationen: Nach Eingriffen, wie einer Knieoperation, sind Mobilisationsübungen wichtig, um die Genesung zu fördern und Thrombosen vorzubeugen.
  • Zur Kontrakturenprophylaxe: Regelmäßige aktive oder passive Übungen beugen Gelenkversteifungen vor, indem sie die Beweglichkeit der Gelenke erhalten.
  • Zur Dekubitusprophylaxe: Die Durchblutung wird gefördert, was den Druck auf gefährdete Haut- und Gewebebereiche verringert und so das Risiko der Entstehung von Druckgeschwüren minimiert.
  • Nach einem Schlaganfall: Spezielle Rehabilitationsübungen verbessern das Gangbild sowie das Gleichgewicht von Schlaganfallpatienten und -patientinnen.
  • Bei Demenz: Bewegungsübungen können bei Demenz helfen, indem sie kognitive Funktionen unterstützen und das emotionale Wohlbefinden steigern.
  • Bei Parkinson: Regelmäßige Bewegung hilft, die motorischen Symptome zu lindern und die allgemeine Mobilität zu verbessern.
  • Bei diabetischem Fußsyndrom/Raucherbein: Gehübungen können die Durchblutung und damit die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung der Beine verbessern.

Eine Auswahl leichter Bewegungsübungen für Senioren und Seniorinnen liefert der folgende Abschnitt.

Beispielhafte Bewegungsübungen für Senioren im Bett

Auch bettlägerige Seniorinnen und Senioren können entsprechend angepasste Bewegungsübungen durchführen. Wir stellen zwei mögliche Methoden vor.

Bridging

Die Bridging-Übung beschreibt das Anheben des Gesäßes aus der Rückenlage mit aufgestellten Beinen. Dabei geht es weniger darum, das Gesäß möglichst hoch anzuheben, sondern vielmehr darum, die Gewichtsverlagerung des Rumpfes zu erlernen. Das Bridging dient als Vorbereitung für eine eigenständige Veränderung der Körperposition.

Vorbereitung
  • Rutschfeste Unterlage für die Füße organisieren.
  • Betroffene Person über den Ablauf des Bridgings informieren.
Durchführung
  • Person liegt auf dem Rücken und soll die Knie so weit zu sich ziehen, bis die Füße auf der Unterlage stehen.
  • Pflegekraft greift flächig an den Beckenkamm der pflegebedürftigen Person.
  • Falls die zu pflegende Person ihre Beine nicht selbst aufgestellt halten kann, fixiert die Pflegekraft beide Oberschenkel, indem sie diese zwischen ihrem Arm und Rumpf legt und so festhält.
  • Pflegekraft bittet die pflegebedürftige Person, ihre Füße senkrecht in die Unterlage zu drücken und dabei das Gesäß leicht anzuwinkeln.
  • Pflegekraft unterstützt die Bewegung, indem sie mit den Händen am Beckenkamm der Person das Anheben des Gesäßes unterstützt.
Nachbereitung
  • Am Ende der Bewegungsübung die pflegebedürftige Person wieder in eine bequeme Position bringen.
Ziele
  • Pflegebedürftige Person kann sich selbstständig im Bett bewegen und ihre Position verändern.
  • Dekubitusrisiko wird reduziert.
  • Vorbereitung für den Transfer in den Sitz.

Bewegungsübungen im Sitzen

Das Sitzen, etwa an der Bettkante, ermöglicht wesentlich mehr Bewegungs- und Kommunikationsmöglichkeiten als das Liegen. So kann sich die Person im Sitzen an der Körperpflege beteiligen und Nahrung leichter zu sich nehmen. Allerdings erfordert das Sitzen im Vergleich zum Liegen ein höheres Gleichgewichtsvermögen. Außerdem steigt das Sturzrisiko in dieser Position. Daher sollten Pflegekräfte bei Bewegungsübungen im Sitzen besonders vorsichtig vorgehen.

Transfer an die Bettkante

Vorbereitung
  • Information über die pflegebedürftige Person aus der Pflegedokumentation/Übergabe einholen.
  • Schuhe der pflegebedürftigen Person in Reichweite vor das Bett stellen.
Durchführung
  • Nach Möglichkeit das Kopfteil des Betts hochstellen und das Pflegebett so tief wie möglich absenken.
  • Oberschenkel der Pflegekraft befinden sich auf gleicher Höhe mit dem Becken der anderen Person.
  • Senior/Seniorin soll die Beine anziehen, falls nötig hilft die Pflegekraft.
  • Anschließend werden die Knie der pflegebedürftigen Person in Richtung Pflegekraft bewegt, der Oberkörper folgt automatisch. Auch hier unterstützt die Pflegekraft die Bewegung am Becken und an der Schulter bei Bedarf.
  • Beide Unterschenkel der pflegebedürftigen Person aus dem Bett bewegen; durch die fortlaufende Bewegung richtet sich ebenso der Oberkörper auf. Eventuell muss die Pflegekraft den Oberkörper unterstützen.
  • Senior/Seniorin kurz pausieren lassen, anschließend soll er oder sie sich mit beiden Händen an der Bettkante festhalten.
  • Pflegekraft zieht der pflegebedürftigen Person die Schuhe an und fährt das Pflegebett bei Bedarf wieder etwas höher, sodass die Ober- und Unterschenkel einen Winkel von circa 100 Grad bilden.
Nachbereitung
  • Person auf umgekehrtem Weg wieder in das Bett legen (Oberkörper zur Seite legen, bis Kontakt zur Unterlage besteht; beide Beine ins Bett legen und zurück auf den Rücken drehen).
Ziele
  • Förderung der Selbstständigkeit
  • Verbesserung der Gleichgewichtsreaktionen
  • Pneumonieprophylaxe

Bewegungsübungen für Senioren im Stehen

Gehübungen

Gehübungen für Senioren und Seniorinnen weisen zwei Besonderheiten auf: Einerseits besteht die Gefahr, dass sich die Pflegebedürftigen durch mangelnde oder zu umfangreiche Bewegungsübungen selbst gefährden. Andererseits muss die Anleitung durch die Pflegekraft so formuliert sein, dass die zu Pflegenden die Gehübung nachvollziehen und korrekt verstehen können.

Deshalb sollten diese Punkte bei sämtlichen Gehübungen beachtet werden:

Vorbereitung
  • Aktivierungsgrund feststellen (ärztliche Anordnung, Bewegungsübung als Teil der aktivierenden Pflege etc.).
  • Deutliche Absprachen über die Gehübung treffen (sowohl mit der Pflegeperson als auch mit weiteren beteiligten Pflegekräften).
  • Allgemeinzustand überprüfen, bei Bedarf RR- und Pulskontrolle durchführen.
  • Auf bequeme Kleidung achten.
  • Störfaktoren wie Stolperfallen, nasser Boden oder Durst erkennen und beseitigen.
Durchführung
  • Zu pflegender Person die Gehübung erklären und eventuell vorführen (gemäß Pflegeplan).
  • Feste Schuhe anziehen.
  • Langsames Aufrichten und Aufstehen, tief durchatmen lassen; regelmäßig Pausen einlegen.
  • Verlauf der Übung von allen Seiten beobachten, bei Bedarf korrigierend eingreifen.
  • Ausdauer und Leistungsfähigkeit durch Beobachten und Nachfragen überprüfen.
  • Ermutigen, loben und motivieren.
Nachbereitung
  • Pflegebedürftige Person individuell nach Plan versorgen (ins Bett/Zimmer bringen, umziehen, lagern, trinken, Toilettengang etc.).
  • Allgemeinzustand feststellen, Kreislaufkontrolle bei Bedarf/nach Anordnung.
  • Gemeinsam die Gehübung reflektieren.
Ziele
  • Beweglichkeit des Seniors/der Seniorin erhalten/fördern.
  • Schmerzfreies Stehen und Laufen ermöglichen.
  • Herz-/Kreislaufsystem anregen.

Gehübung nach Apoplex (Schlaganfall)

Nach einem Schlaganfall sind die meisten Betroffenen auf einer Körperseite gelähmt. Das (Wieder-)Erlernen des Gehens nach einem Schlaganfall ist eines der Hauptziele der Rehabilitation. Für die Betroffenen bedeutet das Gehen ein hohes Maß an Selbstständigkeit. Da jedoch das veränderte Gleichgewichtsvermögen die Sturzgefahr erhöht, steht die Sicherheit bei allen Bewegungsübungen an vorderster Stelle.

Vorbereitung
  • Pflegebedürftige Person beim Transfer in den Sitz unterstützen (siehe „Transfer an die Bettkante“).
  • Mindestens zwei, besser drei Pflegekräfte zur Mobilisation hinzuziehen (eine Pflegekraft steht vor, die andere hinter der pflegebedürftigen Person; die dritte Pflegekraft folgt mit einem Rollstuhl).
  • Zu pflegende Person trägt festes Schuhwerk und ist für die Mobilisation ausreichend warm gekleidet.
  • Übrige Vorbereitungspunkte aus dem vorherigen Abschnitt „Gehübungen“ beachten.
Durchführung
  • Pflegebedürftige Person sitzt möglichst weit vorne an der Kante eines Stuhls oder Pflegebetts.
  • Eine Pflegekraft stellt sich mit den eigenen Füßen direkt vor die Füße der pflegebedürftigen Person.
  • Anschließend geht die Pflegekraft in die Hocke, bis ihre Knie die Knie der anderen Person berühren.
  • Die Pflegekraft greift um die Person herum und fixiert deren Sitzbeinhöcker.
  • Sofern keine Schmerzen bestehen, legt die pflegebedürftige Person ihre Arme auf die Schultern der Pflegekraft. Der eventuell gelähmte Arm wird von der Hand der weniger betroffenen Seite gehalten.
  • Zu pflegende Person verlagert ihren Oberkörper nach vorne.
  • Die Pflegekraft zieht das Gesäß der Person zu sich heran und drückt mit den eigenen Knien gegen die Knie der anderen Person. Währenddessen hält die zweite Pflegekraft ihre Hände am Beckenkamm der pflegebedürftigen Person.
  • In stehender Position erste Bewegungsübungen durchführen: Gewichtsverlagerung auf das betroffene und das weniger betroffene Bein.
  • Pflegekraft, die vor der pflegebedürftigen Person steht, macht einen Schritt rückwärts, die zu pflegende Person folgt. Die zweite Pflegekraft stellt sich dahinter und unterstützt bei Bedarf den Schritt nach vorne.
Nachbereitung
  • Pflegebedürftige Person wieder in eine bequeme Position bringen.
  • Hilfsmaterialien entsorgen/wegräumen (auf hygienische Vorgaben achten).
Ziele
  • Selbstständige Bewegung
  • Minimiertes Sturzrisiko
  • Freude an Bewegung statt Angst

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